laut.de-Kritik
... und sie wiehern immer wieder.
Review von Philipp GässleinWann ist das Verfallsdatum für alternde Rockmusiker überschritten? Die Musiker von Fury In The Slaughterhouse sind mittlerweile um die 40 und nähern sich langsam der beängstigenden Schwelle, in der sich ein Rockstar überlegen muss, ob er auf besonders spektakuläre Art und Weise abtreten will, seine Karriere an den Nagel hängt, oder zur Medienwitzfigur à la Ozzy Osbourne mutiert.
Für Massenunterhaltung mit eigener Realityshow sind Fury zu unbekannt, für das Karriereende zu motiviert, für eine Überdosis nicht verrückt genug. Doch was sich mit Fug und Recht als Pferd im Schlachthaus bezeichnen will, findet auch hier eine Lösung: Man verlässt den Weg in den Untergang, den man beständig die letzten Jahre gegangen ist, um noch mal zurück zu seinen Wurzeln zu finden. Wenn es klappt, bricht man so die teuflische Regel - wenn nicht, beschleunigt man den Verfall.
Spätestens beim zweiten Durchhören möchte man die Jungs der einstigen deutschen Vorzeigerockband knutschen. Denn was da aus den Boxen dringt, rockt, kracht, schmalzt, rappt und scheppert, ist zum Teil allerfeinstes Liedgut. Die wenig tiefgehenden Texte haben bei FITS fast schon Tradition, aber wer eine solch homogene Klangmasse daneben ausbreitet, dem sieht man lyrische Fehltritte auch mal nach.
"Heroin Of The Flowers" schmeichelt sich als zwar ungewohnte, dennoch schöne Ballade ins Ohr. In "Three Little Piggies" beweisen Fury, dass sie sich in guten Momenten musikalisch mit einem Everlast messen können. "When A Kid Gets A Kid" trumpft durch eine gewaltige Gitarrenflut und seine einprägsame Melodie auf.
Leider können nicht alle Lieder derart überzeugen. "Creep No. 2" erinnert an die dunkelsten elektronischen Abgründe der 80er Jahre, "V.I.P." nervt beinahe mit seinem aufdringlich fröhlichen Refrain. Doch an Vielseitigkeit und ganz besonders an Power mangelt es den Vielgescholtenen auf diesem Album keineswegs. "Nimby" ist sicher nicht das beste, was Fury in the Slaughterhouse je veröffentlichten - aber es zielt in eine gute Richtung.
Das Wiehern dabei klingt nicht mehr so energiegeladen wie einst. Dafür mangelt es dem Album keineswegs an Vielseitigkeit: Hip Hop lassen die Musiker ebenso mit in ihre Songs einfließen wie melodiöse Balladen, Elektronik wie Reggae. Noch einmal haben es die Furys geschafft, sich gegen die Schlachtung aufzubäumen.
Noch keine Kommentare