laut.de-Kritik
Shirley Manson spießt nach wie vor Männer-Egos auf.
Review von Kerstin Kratochwill"No Gods No Masters" ist das siebte Album der Alternative-Rock-Veteranen Garbage, und diese Zahl wird von Sängerin Shirley Manson zur "DNA des Inhalts" erklärt und erhöht, denn sie stehe für "die sieben Tugenden, die sieben Leiden Mariens, die sieben Todsünden". Ganz schön viel Anspruch, der im Folgenden erfüllt werden muss: Der Opener "The Men Who Rule The World" ist dann gleich ein elektronisch eklektisches Emanzipationsstück gegen Patriarchat und Kapitalismus, um so ein paar Übel der Welt mit messerscharfen Melodien aufzuspießen.
Und mit stets leicht aggressiv tickendem Sound geht es weiter, der mal brodelnd und mal barsch daherkommt, aber stets von Mansons übercooler selbstbewusster Stimme geprägt ist. Und mit dieser konfrontiert sie männliche Egos unnachahmlich herausfordernd: "If I Had A Dick / Would You Know It / Would You Blow It" heißt es beispielsweise im an Depeche Mode erinnernden "Godhead".
Es gibt Songs, die ein wenig nach der frühen Melancholie von The Cure ("Wolves") klingen, andere spielen mit der Lässigkeit von Roxy Music oder Talking Heads ("Anonymous XXX") und einige wie "A Woman Destroyed" lassen die unterschätzte Genialität von Curve aufblitzen, die in den frühen Neunzigern mit ihrer Mischung aus Industrial, Electronica und Noise-Indie-Rock den Sound von Garbage vorwegnahmen.
Das Kunststück der neuen Garbage-Songs liegt darin, unverkennbar nach Garbage zu klingen und dennoch frisch: Ihr Gitarren-Indie-Rock bleibt mit gut gelegten Synth-Infusionen viral und viszeral. Was hier vielleicht fehlt ist so etwas wie ein Überhit, aber vermutlich ist die Band darüber längst erhaben, denn diese schiebt sie quasi mit Coverversionen von David Bowies "Starman" und Patti Smiths "Because The Night" auf der Deluxe-CD-Version nach.
Denn wenn Garbage sich musikalisch immer noch selbst herausfordern mögen, haben sie die Spielregeln trotz Anprangerung von Marktregeln die des Musik-Marketings durchaus begriffen: Wer aber seit nun fast dreißig Jahren relevant bleibt, braucht keine Master mehr.
5 Kommentare mit 6 Antworten
As always: Needs more gar(b)age. Schade.
Ja. Ist leider etwas zu egal geworden, die Platte.
Meinung zu Butch Vig?
Viele seiner als so legendär empfundenen Produktionen klingen für mich beliebig. *wegduck*
Auf helmet's betty hat er Milquetoast gemacht, das ist gerade noch so knackig und knarzig genug für helmet geworden.
Butch mag's gern glatt, aber Shirley & Garbage verdienen halt mE wenigstens einmal und durchgängig so ne richtig rotzige, fiepsende und scheppernde Garage-Production für die der Butch halt eindeutig nicht in Frage kommt, der ist nämlich schon seit Anfang der 90er hilflos dem Glatt- und Schönklang ergeben.
Und an jemanden abgeben wird er's auf seine alten, "abgewichster Profi"-Tage ja wohl leider auch nicht mehr. Liegen gelassenes Potential, diese Band nicht wenigstens einmal so roh und unnahbar zu produzieren, wie Shirley sie in ihren Lyrics regelmäßig skizziert.
Sehe das genauso. Er ist eher so groß, weil er hinter große Bands gesetzt wurde, nicht weil er interessant produziert. Man vergleiche nur mal die Originalmixe der "Nevermind" von Steve Albini mit der veröffentlichten Platte. Es ist als habe Vig versucht, den Aufnahmen jedes Leben zu nehmen.
Handwerklich ist er super. Es macht nur wenig Freude, ihn zu hören.
och, eigentlich fehlen die guten Songs wie auf dem ersten Album nahezu durchgehend, und dann immer sprälicher auftauchend. So garagig war das erste Album nicht.
Was hatte Albini denn mit Nevermind zu tun?
https://www.laut.de/Garbage/Interviews/Nev…
hier geht's entlang, señor, señora y todos los demás!
Also ich freu mich über die Scheibe. Endlich was Neues von Garbage. Mir gefällt die Platte.
Bei aller Liebe zu Garbage finde finde ich aber, dass sich Shirley an "Because the night" ganz gewaltig ein Bruch hebt... Andere Liga.
Hab es jetzt auch 2-3 mal durch und es gefällt wider Erwarten ganz gut. Auch das oben kritisierte "because the night" fand ich nice.
3/5.
Nach den ersten beiden Alben war schon ein bisschen die Luft raus und dieser Zustand hält leider bis heute. Immer ein bisschen Hit-and-Miss. Aber ich mag die Band und Shirley Manson ist natürlich eine tolle Person!