laut.de-Kritik
80s-Synthpop wie ein Thermal-Sprudelbad.
Review von Michael SchuhDas Cover deutet das Thema schon an: Verwischte Gesichter, Menschen, die in Eile sind, ein Ziel verfolgen, unterwegs sind von A nach B. Man hat Dinge zu tun. Dinge klopfen nicht an, kommen einfach rein, wie wir seit Deichkind wissen. Wo genau in diesem teilweise selbstgesteuerten Hamsterrad die "Human Connection" bleibt, das fragen sich die Gents aus Kopenhagen.
"Like the horizon it's always there / but never truly near / no matter how much you wanna reach it", singt Niels Fejrskov Juhl etwa in "Smoke Machine" mit warmer, tiefer Stimme zu federndem Synthiepop. Sehnsucht und Getriebenheit kontrastieren die von Theis Vesterløkke bedächtig und kristallklar arrangierten Elektro-Soundscapes auf elegante Weise. Da passt es fast schon zu gut, dass die Platte eigentlich im Frühjahr hätte erscheinen sollen, doch man musste umplanen. Den Gents kamen Dinge dazwischen.
Neben der Musik drehen die Dänen auch Videoclips für andere Künstler und entwerfen Klamotten. Schön für uns, dass sie sich zwei Jahre nach ihrem Debüt auch wieder ihrer musikalischen Profession widmeten. Denn "Human Connection" ist Synth-Pop in melancholisch-seduktiver Ausprägung, so einnehmend wie ein Sprudelbad im Thermalbecken und folglich von den Interpreten selbst mit "Spa pop straight outta Copenhagen" auch treffend umschrieben.
Der 80s-Nostalgie verfallen zu sein und sich als Duo markengerecht hinter Erasure und den Pet Shop Boys zu positionieren, ist noch kein Qualitätsmerkmal, doch Vesterløkkes Arrangements beherbergen in weiten Teilen ein Emo-Herz, so groß wie bei den frühen Hurts, falls sich jemand erinnert. Also sehr groß (und auf "Happiness" auch noch gut).
Das herrlich betitelte "Emotional Facelift" orientiert sich dann ungeniert an Tennant/Lowe, auch die Tristesse von Better Person ist zu fühlen, und in "Premature Decisions" integrieren sie gar smart eingesetzte Rave-Fanfaren. Der Chillout-Charakter der Songs schrammt zuweilen knapp an Café Del Mar-Trademarks vorbei ("Horrorscope"), wodurch die Scheibe auch als Hintergrundmusik ihren Dienst verrichtet. Dies würde infektiösen Popsongs wie "Smoke Machine", "Human Connection Pt. 2" oder dem funky Singletrack "Right On Time" allerdings nicht gerecht werden. Im Herbst funktioniert eine Platte wie "Human Connection" auch viel besser als im Frühjahr.
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