Porträt

laut.de-Biographie

Germany

"Ich geh' meinen Weg auch allein, Mitleid brauch' ich keins / Ich weiß, wer ich bin und muss auch niemand sein / Der Eurem Raster entspricht, lieber verkaufe ich nichts / Mach' das, was ich fühl' und steh' mit Stolz hinter dem Shit / Denn ich bin schon viel zu lang dabei, um zu tun, was andre mir sagen / Bin nicht enttäuscht, wenn es nicht läuft, und das nur, weil ich nichts erwarte / Ich will mich einfach nur verwirklichen, 'ne Platte machen, die ehrlich klingt / Drum markier' ich nicht den Macker, da ich kein bisschen gefährlich bin."

Germany - Die Stunde Der Wahrheit Aktuelles Album
Germany Die Stunde Der Wahrheit
Ehrlich, persönlich, nie weinerlich: Germany feiert seine Wiedergeburt.

"Die Stunde Der Wahrheit" schlägt für Germany im November 2007. Da nämlich veröffentlicht er seinen ersten Alleingang. Zitierte Zeilen entstammen der Singleauskopplung "Der Meist Unterschätzte" und lassen Verschiedenes erkennen: Hier ist ein Mann am Werk, der entschlossen ist, einen Einblick in sein Leben und seine Gefühlswelt zu gestatten. Zudem bekommen wir es keineswegs mit einem Anfänger zu tun: Germany mischt bereits eine ganze Weile im deutschen Rap-Zirkus mit.

"Warst immer für mich da, vom Tag an, seit dem ich denken kann": Germany verlebt seine Kindheit größtenteils in der Obhut seiner Großmutter, während die Mutter versucht, den Lebensunterhalt zu sichern. Der unter dem Namen Denis Lindahl geborene Knabe ist sieben Jahre alt, als es die Familie nach Minden verschlägt. Hier trifft er drei Jahre später auf Reno: Die beiden verfallen gemeinsam dem grassierenden Hip Hop-Fieber. Die ersten eigenen Rap-Texte schreibt Denis mit 15.

"Wir waren viel auf Jams", erinnert er sich im Interview mit wildstylemag.com. "Morgens mit dem Zug losgefahren, den Writern beim Malen zugesehen, B-Boy Sessions, überall Freestyler, die Leute waren in Cyphern, es wurde gerappt und in Blackbooks gemalt. Das war einfach das, was mich persönlich geprägt hat." Auf einer Jam im nahe gelegenen Bad Oeynhausen keimt die Saat: Unsere beiden Sandkastenkumpels treffen hier 1996 auf den ebenfalls aus Minden stammenden Rapper und Produzenten Lord Scan. Offenbar hegt man gemeinsame musikalische Vorstellungen: Die drei schließen sich zusammen und firmieren fortan als Der Klan.

Beim angesagten Untergrund-Label Put Da Needle To Da Record erkennt man das Potenzial des Trios: Hier veröffentlicht Der Klan mit reichlich Rückenwind aus der Richtung von Homie Curse 1999 die EP "Ultimate Chiefrockers". Ein Album in voller Länge folgt ein Jahr später unter dem Titel "Flash Punks". Fans und Kritiker feiern beide Scheiben wie nicht ganz gescheit.

Trotzdem nimmt der Höhenflug ein jähes Ende. Put Da Needle gerät in gravierende finanzielle Schwierigkeiten. Fast der komplette Künstlerbestand verabschiedet sich im Bösen. Betrugsvorwürfe werden laut. Auch innerhalb des Klans kracht es gewaltig. Künstlerische und persönliche Differenzen führen schließlich zur Trennung. Lord Scan verabschiedet sich. Seine Sicht der Dinge legt er auf seinem 2005 erscheinenden Solo-Album "Ich Bins!" dar.

Italo Reno und Germany entscheiden, den Weg zu zweit fortzusetzen. Gemeinsam veröffentlichen sie 2003 erst das Mixtape "Big Minden", dann, im Jahr darauf, ihr Album "Hart Aber Herzlich". Auch darüber findet die Presse reichlich freundliche Worte und prophezeit beiden eine glänzende Hip Hop-Zukunft. Dennoch bleiben weitere Alben zunächst aus.

 - Aktuelles Interview
Germany "Ich möchte nicht auf einer Welle mitreiten"
Über Minden, Kool Savas, Angeln und sein neues Album.

Germany absolviert zahlreiche Feature-Auftritte auf Mixtapes, Samplern und Produzentenalben, unter anderem bei Plattenpapzt, Roey Marquis II und Kool DJ GQ. Er begleitet Kool Savas auf dessen "Der Beste Tag Meines Lebens"-Tour und ist zusammen mit Reno regelmäßig als Support-Act von Curse unterwegs. Drei Touren führen dieses Gespann durch die Republik und ins deutschsprachige Ausland und verhelfen Germany zu einer treuen Fangemeinde.

Trotz allem macht er eine harte Zeit durch. "Ich hatte aus unterschiedlichen privaten Gründen einige Niederlagen in meinem Leben zu verkraften, die mich erschüttert und auch ein bisschen runtergezogen haben. Ich bin in ein Loch und in eine Art Selbstmitleid gefallen. Es hat lange gedauert, bis ich mich da herauswinden konnte. Ich hatte keine Lust zu schreiben und war vom Kopf her einfach sehr gestresst. Deshalb konnte und wollte ich mich auch nicht aufraffen und bin vor meinen Problemen davon gerannt, anstatt mich ihnen zu stellen." Vorerst wird es ruhig um den Mann aus Minden.

Im Herbst 2007 die Wende. Im November präsentiert Germany sein Solo-Debüt "Die Stunde Der Wahrheit" und veröffentlicht damit zwei Wochen schneller als sein alter Weggefährte. Der zieht Ende des Monats mit "Zu Schön Um Wahr Zu Sein" gleich. Während Reno über weite Strecken Representer- und Club-Tracks liefert und seine Instrumentals von unterschiedlichsten Produzenten schrauben lässt, wählt Germany einen ganz anderen Weg.

"Meine Platte sollte einfach ein persönliches Album werden. Darum habe ich auch nur Beats von Produzenten genommen, die sich in meinem engsten Umfeld befinden. Das soll den persönlichen Charakter noch ein bisschen stärker unterstreichen." An den Reglern trifft man auf den Schweizer Claud, der unter anderem bereits für Sektion Kuchikäschtli, Gimma und Curse tätig war. Curse selbst steuert ebenfalls einen Beat bei. Der Rest geht auf die Konten Sashliqs und Patrick Ahrends. Auch zu Lord Scan, mit dem man sich unterdessen ausgesöhnt hat, wurde wieder Kontakt aufgenommen: "Aber letztendlich hat es sich nicht ergeben, dass irgendetwas dabei war, bei dem ich mir dachte: 'Das ist jetzt genau das Ding'. Das hat aber nichts damit zu tun, dass wir Stress hätten. Das ist definitiv nicht der Fall."

In mehreren Skits führt Germanys Stiefvater durch "Die Stunde Der Wahrheit". Die einzigen Features stammen von Samir und Greis, ebenfalls enge Freunde Germanys. Der hegt keinerlei kommerzielle Erwartungen, betrachtet sein Werk stattdessen eher als Selbsthilfe, als Therapie, um die durchlebten Erfahrungen zu verarbeiten. Entsprechend fehlt lautes Prollgehabe vollständig. Auch, wenn er in ein, zwei Tracks den Spitter von früher herauslässt, zeigt sich Germany doch weitgehend ruhig, gefühlvoll und kompromisslos ehrlich. Das abschließende "Over Now", verrät: Eine erneute jahrelange Funkstille ist nicht vorgesehen, denn "schon bald kommt Album 2, weil Germany fleißig schreibt."

Interviews

Alben

Surftipps

  • Germany und Italo Reno

    AllesReal

    http://www.allesreal.de/mag.php?site=feature&art=Special&id=irg&header=Italo%20Reno%20Germany%20-%20Hart%20aber%20herzlich

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