laut.de-Kritik

Jugendlicher Gitarren-Pop mit leidenschaftlichen Lyrics.

Review von

"I'm a talented artist, but my heart's not in it / I'm a good shag, but I find nobody fit / I play in a band, but I got no talent / I spit and I drawl, but I just don't change a thing", offenbaren die Good Shoes zu Beginn ihres Debüts im Song "All In My Head". So recht will man den Briten dieses hastige Geständnis jedoch nicht abnehmen, zumindest was Talent und Hingabe angeht. Und es braucht auch nicht viele Akkorde oder Textzeilen mehr, bis man erkennt, dass "All In My Head" sicher nicht autobiografisch zu verstehen ist.

Mit "Think Before You Speak" legen die Good Shoes ein junges, cleveres und ideenreiches Gitarrenpop-Album vor, das vor allem in punkto Lyrics und Songwriting überzeugt. Denn Rhys, Tom, Steve und Joel besitzen das vielversprechende Talent, den britischen Kids mit ihren Songs aus der Seele zu singen. In ihren Liedern thematisieren sie die Heimat, das Leben im vorstädtischen Morden - jenem Viertel, das im besonders unspektakulären Südwesten der Metropole London liegt. Ihre Songs handeln vom suburbanen Alltag und uniformen Reihenhaussiedlungen, von Überdruss und Langeweile, aber auch von den Träumen und den Momenten des Glücks, die die Bewohner in den Vorstädten hält.

In "Morden", einem der schönsten Tracks der Debüt-LP, heißt es: "This is not the sort of place you want to take your kids to". Rhys singt über Skinheads und Drogendealer, über einen Mann, der sich auf dem lokalen Supermarkt-Parkplatz erhängt hat oder über Teenager, die einen mit Waffen bedrohen. Und doch sind Good Shoes-Texte nicht ausschließlich grau bzw. trist. In Gesang und Melodie bergen die Briten gleichsam wehmütige Sehnsucht wie hoffnungsvolle Zuversicht und vereinen so das Lebensgefühl vieler Mittzwanziger.

Ihr Sound bewegt sich zwischen Pop, New Wave und Indierock, alles charmant kombiniert und mit teils leidig klagendem ("Blue Eyes", "Sophia"), teils jugendlich übermütigem Gesang ("The Photos On My Wall", "We Are Not The Same") vereint. Hier und da erinnern die Briten an die Futureheads oder die Kooks, und doch haben sie ihre ganz eigene Note. Die Instrumente treiben und immer wieder gibt es diese fantastischen Gitarren-Soli, detailverliebt und leidenschaftlich. "Sophia" ist hier beispielsweise zu nennen. Der Track besticht durch melancholische Lyrics sowie ebenso schwermütige, wie akzentreiche Gitarren.

Das Debüt beinhaltet vierzehn liebevoll arrangierte, einfühlsame Songs mit eingängigen Refrains und catchy Melodien. Stets im Vordergrund stehen die zackigen, polternden Rhythmen. Besonders markant sind sie im Song "The Photos On My Wall", das trotz aller Kürze mit drängenden Gitarren-Riffs zu überzeugen weiß. Auch "Never Ment To Hurt You" oder "Everybody's Talking" reihen sich hier ein und stehen dem Rest in Sachen Dynamik bzw. Schwung in nichts nach.

Bleibt abzuwarten, ob die Good Shoes den großen Wurf schaffen. Der New Musical Express jubelte (mal wieder) großzügig voraus und erklärte gewohnt überheblich: "You'll wonder how you ever lived without them". Dass "Think Before You Speak" die Musikgeschichte revolutioniert, ist zwar eher unwahrscheinlich. Dennoch haben die Londoner Jungs ein außergewöhnlich schönes, einfühlsames und vor allem ehrliches Debüt abgeliefert, das mit fast dichterischen Texten aufwartet. Ein Good Shoes-Song ist nicht einfach ein Song, sondern eine kleine Geschichte - vielleicht ist es das, was die Musik der Vorstädter zu etwas besonderem macht.

Trackliste

  1. 1. Nazanin
  2. 2. The Photos On My Wall
  3. 3. Morden
  4. 4. All In My Head
  5. 5. Never Meant To Hurt You
  6. 6. Blue Eyes
  7. 7. Sophia
  8. 8. We Are Not The Same
  9. 9. Small Town Girl
  10. 10. In The City
  11. 11. Things To Make And Do
  12. 12. Everybody's Talking
  13. 13. Ice Age
  14. 14. Wait

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