laut.de-Kritik
Seichte Popsongs für minderjährige Zahnspangenträger.
Review von Mathias MöllerDSDS-Finalistin Gracia Baur beehrt uns mit ihrem Album-Debüt "Intoxicated". Die Single "I Don't Think So!" lief im Radio bereits auf Heavy-Rotation und platzierte sich in den deutschen Charts immerhin auf einem respektablen dritten Platz. Beim ersten Hören bestätigen sich aber die schlimmsten Befürchtungen. Frau Baur hat ihr Pulver mit dem zwar musikalisch eingängigen, aber textlich schwachen "I Don't Think So!" schon weitgehend verschossen.
Die Songwriter gehen mit dem Erstling der Münchnerin auf Nummer sicher. Ein Großteil der Stücke stammt aus der Feder des Produzenten-Duos Hamm & Bertoni, die unter anderem die Hits von N*Sync und Haddaway geschrieben haben. Und deren Stil gibt die Richtung vor für Madame Gracia, die übrigens nach Grace Kelly benannt ist. Sie singt seichte Popsongs mit mehr oder weniger (aber meistens doch mehr) nichtssagenden Texten. Themen sind der altbekannte Mix aus Liebe und jugendlichem Emanzipierungswahn, schlagerüblich ohne Tiefgang.
Gracias Stärke ist eindeutig ihre Stimme, zumindest so lange sie nicht wirklich gefordert ist. Die Gefahr besteht auf "Intoxicated" nicht oft. In den Untiefen der gefälligen Balladen "Will You Be My Friend" oder "When The Love Is Gone" kann die 20-Jährige ihr Vokalwerkzeug fein entfalten. Bei dem Heartbreak Hotel für minderjährige Zahnspangenträger bleiben die Mitmusiker des Sternchens leider im Dunkeln. Aber das Album ist mit Computerspielereien fast schon überladen, von straightem Pop keine Spur.
Der Eindruck, dass dieser DSDS-"Superstar" hauptsächlich eine Goldgrube für den ausstrahlenden Fernsehsender ist, bestätigt ein Blick auf die Aufmachung. Ein paar gefällige Fotos sollen jugendliche Sexyness und weibliche Stärke versprühen, vermögen aber beides nicht. Ein paar gelangweilt dreinblickende Studiorocker schaffen auch keine Atmosphäre. Wenigstens kann anhand der abgedruckten Lyrics das songwriterische Talent geprüft werden. Aber damit hat Gracia leider nichts zu tun.
Der künstlerische Tiefgang von "Intoxicated" ist so dünn wie Bohlens Schwarte dick, Beliebigkeit herrscht vor. Die größtenteils nichtssagenden Songs hätten auch von einer anderen Finalistin interpretiert werden können. Anzunehmen, dass die sympathische Gracia dafür am wenigsten kann. Hinten auf dem Booklet ist ein Foto von ihr zu sehen, auf dem sie am Mikro steht und sich mit gesenkten Blick zu fragen scheint: "Was mache ich hier?" Wer kann es ihr sagen?
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