12. März 2009
"Die Pixies bekämpften lange Haare"
Interview geführt von Michael SchuhEin Skype-Videointerview. Kann man ja mal vereinbaren, auch wenn man davon keinen Schimmer hat. Aber wenn der alte Frank das kann und es auch noch selbst anbietet ... Der alte Frank, bekannt als Pixies-Legende, Singer/Songwriter und neuerdings als eine Hälfte von Grand Duchy, lebt mit seiner Frau Violet und fünf Kindern in Portland.
Weil da wenig Zeit für Promotion bleibt, so erklären die beiden später, habe man sich eine Webcam gekauft, diese im Keller an den Rechner angestöpselt und dem Label verklickert, dass man fortan nur noch Skype-Interviews zu halten gewillt sei.
Zum vereinbarten Zeitpunkt (9 Uhr morgens hier, Mitternacht in Portland) tippe ich das Skype-Passwort der Familie Black in meine Tastatur und mache Bekanntschaft mit einer amerikanischen Mailbox. Eine halbe Stunde lang geht das so, dann gebe ich erstmal auf. Als es bei Blacks kurz vor eins ist, tauchen plötzlich zwei Gesichter auf dem Bildschirm auf und sprechen können sie auch.
Violet: Hello?
Hallo zusammen. Schön euch zu so später Stunde noch zu sehen.
Frank: Schön, wir sehen dich nicht. Sorry, ein paar unserer Kinder sind krank, mein Telefon erinnerte mich grade eben an das Interview.
Violet: Ja, bitte entschuldige die lange Wartezeit. Außerdem habe ich heute auch noch Geburtstag ...
Dann herzlichen Glückwunsch, übrigens auch zu eurer überraschenden Platte. Naiverweise ging ich davon aus, dass 2009 wieder ein Frank Black-Album voll sanfter, angenehmer Folk-Songs erscheinen würde.
Violet: Yeah, mehr davon!
Violet, wie hast du Frank denn davon abhalten können, ein neues Soloalbum aufzunehmen?
im Hintergrund hört man die Tastensignaltöne eines Telefons
Frank: Bitte entschuldige, ich schreibe gerade meinem Manager, dass das mit dem Interview geklappt hat.
Violet (zu Frank): Schreib ihm doch ne E-Mail. Okay. Also es gab im Vorfeld keinen Plan oder sowas, aber ich wollte schon mehr involviert sein als auf "Bluefinger" und "Svn Fngrs". Und irgendwie hab ich das Ruder dann wohl immer mehr an mich gerissen (lacht). Ich hatte jedenfalls nicht vor, ihn in Geiselhaft zu nehmen oder in eine neue Richtung zu drängen.
Wie viel Zeit hat die Platte verschlungen?
Frank: Im Ganzen gesehen waren es zwei Jahre, aber nicht durchgehend. Das geht ja gar nicht mit den ganzen Jungs hier.
Violet: Hier im Hintergrund liegt zum Beispiel Jack, der schläft gerade. Und davon gibts noch vier mehr. Ich glaube wegen seinen Geschwistern kann er gut bei Lärm schlafen.
Frank: Er ist auch schon die ganze Woche krank. Aber nochmal zurück zum Thema: Wir konnten die Platte nur in mehreren Schritten aufnehmen, also bei jedem neuen Energieschub.
Wie kann man mit fünf Kindern überhaupt eine Platte aufnehmen?
Violet: Tja ...
Frank: Es ist das totale Chaos.
Violet: Vor allem weil wir uns entschieden haben, die ganze Zeit bei ihnen zu sein und keine Au Pairs oder Kindermädchen zu engagieren. Die Kinder kommen an erster Stelle und das macht es schwer, sich Zeit für andere Dinge zu nehmen. Ich kann es noch gar nicht glauben, dass wir tatsächlich fertig geworden sind.
Eine Frage an euch beide: Wie schwierig ist es, mit derselben Person eine Platte zu machen, mit der man den ganzen Tag versucht, seine Kinder zu erziehen?
Frank: Naja, es gab einige Kämpfe im Studio. Oder besser: Auf dem Weg zum Studio.
Violet: Wenn es gut lief, war die Sache kurz vor der Ankunft ausdiskutiert und wir konnten reingehen und anfangen.
Frank: Aber manchmal mussten wir auch wieder umdrehen und wegen festgefahrener Positionen nach Hause zurück fahren. Eigentlich war es so wie in jeder Band.
"Ist mein Bild bei euch auch grade eingefroren?"
Würdest du es tatsächlich mit einer normalen Bandkonstellation vergleichen wollen?
Violet: Nein.
Frank: Nicht was meine Banderfahrung betrifft. Alle meine Bands haben darunter gelitten, dass wenig miteinander gesprochen wurde, wohingegen mit Violet ...
Violet: Wir reden den ganzen Tag.
Frank: Ja. Es gibt natürlich auch bei uns Missverständnisse, aber die rühren nicht daher, dass wenig gesprochen wird. Im Gegenteil. Im Hintergrund erklingt Kindergeschrei.
Ah, da wacht jemand auf.
Violet: Nein, das ist ein anderes.
Frank: Darf ich vorstellen? Lucy Berlin.
Hello Lucy. Äh, nochmal zur Platte: Der gitarrenlastige Opener eures Album verrät ja noch nicht die starke Hinwendung zu den später auftauchenden Synthie-Sounds. War das ein dramaturgischer Zug?
Frank: Also in Wirklichkeit ist das der einzige Song, auf dem ich überhaupt Synthesizer spiele. Ich hatte eine etwas anrüchige Zeile für Violet geschrieben, also noch anrüchiger als die, die im Song geblieben sind, aber die wollte sie dann nicht singen ...
Violet: Das war mir zu ...
Frank: Was sehr schade war, da ich es mag, wenn meine Frau sexy Sachen sagt. Sie meinte dann, ich sollte es besser selber singen und das tat ich dann auch. Es machte großen Spaß.
Violet: Klingt auch super so, finde ich. Aber nochmal zu deiner Frage: Das Intro besteht ja aus so einem wabernden Synthiesound.
Äh, ist mein Bild bei euch auch grade eingefroren?
Frank: Ja, aber kein Problem. Wir schauen dir direkt in die Augen.
Vielleicht können wir das gleich noch ändern.
Frank: Man könnte denken, du seist auf dem Mars, wo sich das Bild alle vier Sekunden ändert.
Violet, überlegst du dir deine Gesangs- oder Keyboardmelodien auf der Basis von Franks Gitarrendemos?
Violet: Unsere Songs sind in zwei Varianten entstanden. Entweder hatte ich ein paar Akustiksachen von ihm oder ich nahm eine Basslinie auf. Bei "Lovesick" und "Black Suit" gabs am Anfang nur den Bass, "Seeing Stars" oder "Come On Over To My House" starteten akustisch.
Einflüsse von den Cars und Gary Numan
Frank, von dir gibts das schöne Zitat: "In den 80ern trug ich meinen Teil dazu bei, die 80er zu zerstören." Wo siehst du in dem Zusammenhang Grand Duchy?
Frank: Well, manches in unserem Sound mag an die 80er Jahre erinnern, aber genau genommen transportieren wir nicht dieses 80er-Feeling, dem ich damals feindlich gegenüber gestanden bin. Bei uns ist mehr Pop und New Wave als ... Ich denke, mit den Pixies bekämpften wir damals Sachen wie ...
Violet: Huey Lewis.
Frank: Yeah, schlechten Heavy Metal. Diesen zeitgenössischen Pop Metal damals, diese Leute mit langen Haaren.
Violet: Poison.
Frank: Der Wave-Bezug bei uns kommt ganz klar von Violet. Sie liebt die Cars und Gary Numan ... was noch?
Violet: Das sind schon die wichtigsten.
Frank: Ich habe nichts gegen diese Sounds, hatte ich schon damals nicht. Aber ich komme eben aus der Gitarrenecke.
Violet: Ich muss aber auch sagen, dass ich nicht ganz nachvollziehen kann, dass einige unser Album als nostalgisch beschreiben, wo heute doch jede zweite Band Synthesizer benutzt. Außer in "The Long Song" sehe ich diese nostalgisch anmutenden 80s-Bezüge bei uns eigentlich nicht. Es war uns auch wichtig, ein bisschen zu experimentieren. Deshalb freue ich mich, wenn das Ergebnis eher schwer zu definieren ist.
Der 80s-Bezug könnte auch daher rühren, dass man manchmal bei deiner Stimme an Kim Deal denken muss, Violet.
Violet: Das verstehe ich ehrlich gesagt überhaupt nicht. Ich glaube auch nicht, dass es stimmt. Ich würde sagen, du lügst. (lacht)
Es ist halt so, dass Franks Stimme und sein Background bekannt sind und wenn du dann in einer etwas höheren Stimmlage mit ihm singst, kommen Erinnerungen hoch, selbst wenn man beides eigentlich nicht miteinander vergleichen kann.
Frank: Ich kann diese Vergleiche teilweise verstehen, weil beide keine hohen Stimmen haben. Sie bewegen sich beide eher im unteren Bereich, ähnlich einer Altstimme.
Violet: Okay, das kann man sagen. Vielleicht liegt es auch daran, dass wir beide sehr amerikanisch klingen, wir singen das "R" mit. Im Gegensatz zu vielen britischen Gruppen.
Und da wir gerade beim Thema sind: Frank, würdest du es als Segen empfinden, wenn nach dieser Grand Duchy-Platte die nicht enden wollenden Rufe nach einem Pixies-Reunion-Album urplötzlich aufhören würden?
Antwort, Teil eins:
Antwort, Teil zwei:
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