laut.de-Kritik
Zwischen Realismus und Kitsch, aber ohne Poesiealbum-Sprüche.
Review von Katharina Höcker"Ich bin ein Träumer / Doch ich bin weit gekommen", singt Gregor Meyle. Recht hat er. 2008 castet ihn Stefan Raab in dessen Show SSDSDSSWEMUGABRTLAD (kurz für: "Stefan sucht den Superstar, der singen soll, was er möchte, und gerne auch bei RTL auftreten darf"). Meyle erreicht Platz 2 nach Stefanie Heinzmann und blickt mittlerweile auf sechs Alben zurück.
Wobei Casting-Star keine Schublade ist, in die Meyle passt. Das mag daran liegen, dass der Sänger unlängst 40 geworden ist und damit ein paar Jahre mehr auf dem Buckel hat, als seine Deutschpop-Kollegen. Entsprechend geerdet klingen seine Songs. Natürlich hält das Album eine gehörige Dosis an typischen Feel-Good-Songs bereit, die hin und wieder knapp am Kitsch vorbei schrammen. Dennoch hat Meyle ein Gespür dafür, wann er die Poesiealbum-Sprüche beiseite lassen sollte.
Während in den meisten Lovesongs entweder alles rosig schön oder herzzerreißend traurig ist, findet Gregor Meyle einen Mittelweg. "Kriegen's schon irgendwie hin" ist das, was man ein realistisches Liebeslied nennen könnte. Keine klassische Ballade, aber trotzdem viel Emotion. Ruhige und nachdenkliche Töne hat der Sänger für "Fussspuren im Sand" und "Das Schönste auf der Welt" reserviert. Selbst wenn man sich für die Songs nicht erwärmen kann, ist die persönliche Sicht und die Aufrichtigkeit spürbar.
In "Hätt' auch anders kommen können" und "Weck mich niemals auf" reflektiert Meyle sein bisheriges Leben und seine Karriere. Zwei große Themen für den Sänger: Familie und Dankbarkeit, alles radiotauglich verpackt. Seit seiner Teilnahme an "Sing meinen Song" 2014 ist der Stuttgarter fast ununterbrochen mit seiner Live-Band unterwegs, die auch hier für den Sound zuständig war. "Auf diesem Album hört man einen Haufen Weltklasse-Musiker, die alle für das Projekt brennen", so Meyle. Mit Big-Band-Rhythmen sorgen sie für die nötige Portion Dramatik, während der Sänger "Ich arbeite daran" intoniert.
Nachdem das "New York - Stintino"-Album 2014 in den berühmten Avatar Studios aufgenommen wurde und "Meylensteine" in Tauschkonzert-Mentalität mit großer Gästeliste aufwartete, besinnt er sich jetzt wieder auf seine Wurzeln: Solider Singer-Songwriter-Pop ohne viel Schnickschnack.
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