Gus Gus - " This Is Normal"

Gus Gus, das Sound-Kollektiv aus Island, beweist, daß elektronische Musik nicht seelenlos sein muß. Regelrechte Begeisterungsstürme löste der Erstling "Polydistortion" (1997) aus: Die Platte klang wie Techno, Hip Hop und Funk, interpretiert von einer Band mit einer natürlichen Begabung für gute Stories, Melodie und Soul.

Der zweite Longplay handelt von den "Höhen und Tiefen der Liebe" und der Titel "This Is Normal" nimmt einen von Gus Gus gerne benutzten Konzert-Slogan auf. "Normal ist alles, was sich für Dich gut anfühlt" fordern sie ihr Publikum auf, sich gefälligst eigene Standards zu setzen. "This Is Normal" ist aber nach dem aufregenden Debut auch die Rückkehr zur Normalität und vielleicht sogar das Eingeständnis, das eben nicht jede Platte zum Geniestreich gedeihen kann.

Das als Singleauskopplung bereits im Winter veröffentlichte "Ladyshave", "Teenage Sensation" und "Superhuman" sind Highlights mit eingängigen Melodien, danach plätschert's so vor sich hin. Rhythmisch dominieren gemäßigte House- und Electro-Beats, die beim ersten Hören gut ins Ohr gehen, sich auf die Dauer aber recht schnell abnutzen. Für Auflockerung sorgt das streicherumschmeichelte "Bambi", wer dagegen "Acid Milk" genießen will, sollte schon halbwegs säurefest sein.

Und über eine vernünftige Anlage verfügen: Denkbar kompromißlos ist das neue Album der neun Soundtüftler aus Reykjavik abgemischt. Wie bei Portishead oder dem Miles Davis der 80er bestimmen helle klare Töne über grollenden Bässen das Klangbild, Harmonielinien im untersten Frequenzbereich machen aus "This Is Normal" ein Referenzalbum für den Boxentest.

Das mindert auch den Genuss am steril-schlüpfrigen "Ladyshave"-Video, das der CD im MPEG- und im Quicktime-Format beigelegt ist: Die Rechnerboxen filtern gnadenlos und geben den "Tiefen der Liebe" keine Chance.