laut.de-Kritik

Eine Ohrfeige - in Plüsch gehüllt.

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Es gibt Ereignisse im Leben, die stellen das komplette Dasein über Nacht auf den Kopf. Gwen Stefani kann davon ein Lied singen - genau genommen enthält die Standardversion des neuen Longplayers "This Is What The Truth Feels Like" sogar 13 davon. Ein Album, das einzig und allein einem Zweck dient: der Verarbeitung der gescheiterten Ehe mit Bush-Beau Gavin Rossdale.

Die solle sich mal nicht so anstellen. Sie habe schließlich genug Kohle, um sich ein neues schönes Leben zu kaufen, hört man den ein oder anderen Unwissenden gleich maulen. Obwohl: Ganz so üppig wird sich Gwens Konto in den kommenden Monaten wohl nicht entwickeln. Nicht, dass sie die Scheidung Haus und Hof gekostet hätte.

Die Wurzel des Leids liegt tiefer: Die gemeinsamen drei Kinder bekommt Mama nun nur noch halb so oft zu Gesicht. Und da Gwen ihre Kids über alles liebt, verzichtet sie erst mal auf längerfristige Touraktivitäten, was ergo auch weniger Geld in der Kasse bedeutet. Doch gescheiterte Ehe hin oder her - wie klingt "This Is What The Truth Feels Like" denn jetzt?

Rein inhaltlich ist der Titel Programm, wahlweise sarkastisch, verzweifelt, den Tränen nahe oder mit der Hoffnung auf Besserung zieht Gwen Stefani alle Breakup-Register. Musikalisch hingegen präsentiert sie sich überraschend aufgeräumt. Keine triefenden Herzschmerz-Balladen, kein omnipräsentes Dauerfeuer aus dem Experimental-Archiv: Gwen Stefani setzt alles auf die Pop-Karte.

Zwar schälen sich hier und da ein paar musikalische Ecken und Kanten aus den Boxen ("Red Flag", "Rocket Ship"). Aber im Großen und Ganzen präsentiert sich die Ohrfeige in Richtung Ex-Ehemann klanglich in Plüsch gehüllt. Überraschend sanft legt die Geschasste den Finger in die Wunde.

Lieber spaziert sie ohne viel Background-Firlefanz im Schlepptau von einer Charts-Radioshow zur nächsten. Braucht noch jemand einen Sommerhit ("Where Would I Be", "Make Me Like You")? Hat noch wer Bedarf an soliden Neo-Pop-Fillern, die sich problemlos zwischen Wetterbericht und Verkehrsservice parken lassen ("Used To Love Me", "Send Me A Picture")? Gwen hat sie alle am Start.

Die privaten Sorgen tanzt sie einfach weg. Ob ihr das hilft? Wer weiß es schon. Vielleicht nehmen wir einfach nur zur Kenntnis, dass es Menschen gibt, die dem Elend des echten Lebens lieber unaufgeregt als mit Schaum vor dem Mund begegnen.

Trackliste

  1. 1. Misery
  2. 2. You're My Favorite
  3. 3. Where Would I Be?
  4. 4. Make Me Like You
  5. 5. Truth
  6. 6. Used To Love You
  7. 7. Send Me A Picture
  8. 8. Red Flag
  9. 9. Asking 4 It
  10. 10. Naughty
  11. 11. Me Without You
  12. 12. Rare
  13. 13. Rocket Ship

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