laut.de-Kritik
Die Wiener feilen am Techno-Matriarchat.
Review von Martin TenschertOliver Koletzkis Stil Vor Talent Label entwickelt sich zusehends zur Talentschmiede. Das Wiener Doppelgespann HVOB darf an diesem Trend mitfeilen und veröffentlicht nun seinen ersten Longplayer auf dem Berliner Imprint. Für die Single "Jack" konnte man bereits illustre Remixer wie Niconé und Sascha Braemer gewinnen, die den poppigen HVOB-Sound etwas clubbbiger gestalteten. Labelchef Koletzki spricht, wenn es um seine österreichischen Schützlinge geht, von einem "Aha-Erlebnis beim ersten Reinhören, wie man es ganz, ganz selten hat. So etwas wie HVOB ist einzigartig, und es ist zeitlos."
Da ist durchaus was dran, auch wenn vielleicht etwas dick aufgetragen. Anna Müller und Paul Wallner wissen jedenfalls, wohin sie wollen. Obwohl sie erst vor gut einem Jahr die ersten Tracks auf Soundcloud veröffentlichten, können sie nun mit zwölf eigenständigen Liedern auftrumpfen. "Her Voice Over Boys" muss nicht zwangsläufig die Ausrufung eines neuen Techno-Matriarchats bedeuten, weist aber durchaus auf die charismatische Stimme der 25-jährigen Anna hin, die gleichsam bei den Kompositionen mitwirkt.
"Hold Your Horses" verliert sich deep housig in cooler Melancholie. Der Track fasst ganz gut den musikalischen Grundtenor von HVOB zusammen. Etwas treibender fällt "Let's Keep This Quiet" aus. Deutliche Popreferenzen in klassischer Trackstruktur stechen hingegen bei "Dogs" heraus. Die österreichische Seele ist schließlich bekannt für ihren Hang zum Morbiden, da machen HVOB keine Ausnahme. "Fog Machine" hält eher Harmloses bereit, trotzdem kann man sich vorstellen, dass das Stück Live eine ganz andere Aura entfaltet.
Ein Glanzmoment des Albums ist "Pay As You Go Mobile Phone", bei dem Groove und Pop perfekt harmonieren. Einzig Müllers Stimmausdruck könnte noch ein, zwei Variationen mehr vertragen, aber vielleicht ist die emotionslose Coolness auch gerade beabsichtigt. The Knife, The XX und Konsorten habens vorgemacht, HVOB sind auf einem guten Weg, sich ebenfalls in dieser interessanten Nische einen Namen zu machen.
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