laut.de-Kritik
Viel Feind, viel Ehr.
Review von Eberhard DoblerWenn Moped-Tobias aka Helge Schneider im Opener einen Tramper anspricht, dessen Stimme verdächtig nach Udo Lindenberg klingt, sind nur zwei Reaktionen möglich: entweder schmeißt man sich weg vor Lachen oder wendet sich kopfschüttelnd ab. Denn nicht wenige können mit Helges skurrilen Humor wenig bis gar nichts anfangen. Doch wie heißt es so schön: Viel Feind, viel Ehr. Und Leute wie Schneider spalten eben.
Textlich bleibt der Mühlheimer auch nach über einem Dutzend Platten seiner knallharten Lyrik treu. So beweist er einen analytisch genauen Blick für den realen Alltag im arg gebeutelten Sozialstaat. "Ich trinke Schnaps nur aus dem Fingerhut, denn meine Rente ist sehr schmal", schildert er beispielsweise in "Oma (Geh Doch Deine Oma Mal Besuchen)" die Situation einer 102-Jährigen im Altenstift - um nur ein typisches Schneider-Thema anzusprechen.
Musikalisch gibt sich der Jazz-Musiker diesmal recht variabel und modern. Präsentiert sich "Oma" als eine Art Dancefloor-Chanson mit Klavier-Solo, swingt "Moped (-Tobias)" mit allerlei Instrumenten: Querflöte, Streicher, Saxophon oder Vibraphon. "Pommes" klingt verdächtig nach Deutschrock zu NDW-Zeiten. Der Song "Mörchen" schildert in anschaulichen Toasts die Folgen übermäßigen Cannabis-Konsums - der legitime "Katzenklo"-Nachfolger schlechthin.
"Monique" macht dem Country alle Ehre, während Helge auf "Reiten (Lass Mich Bitte Bitte Bitte Bitte Auf Dir Reiten)" Rock-Gitarre und 'Keyboard-Burg' anwirft. Das groovig programmierte "Tanzen" verbindet elektronische Rhythmen mit jazzigen Melodien, während der Schöpfer zum Ende seine 'Idole' aufzählt - von Amanda Lear über James Brown und Ralph Siegel hin zu Alphaville. Ansonsten bietet Helge jede Menge Gitarren- und Klaviersoli, Akkordeonklänge oder Beat-Programmierungen. Schade eigentlich nur, dass die Jazzer Jimmy Woode und Pete York, mit denen er derzeit tourt, auf Platte nicht zu hören sind.
Bei Live-Auftritten zeigt sich, wie den Konzertbesuchern angesichts der erstklassigen musikalischen Leistung das Lachen im Halse stecken bleibt. Können und Nonsens. Mit diesem Rezept ist Schneider aus der deutschen Comedy-Landschaft nicht mehr wegzudenken. Ausverkaufte Konzerte und demnächst eine eigene TV-Show ("Schneider"), die ab 17. März um 23.15 Uhr auf Pro Sieben läuft, sprechen eine eindeutige und gerechte Sprache.
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