laut.de-Kritik
Eggnogg für alle, Sodbrennen für den Grinch.
Review von Dani FrommHoward Carpendale hat sich mit einem Weltklasse-Sinfonieorchester im Rücken in den traditionsreichen Abbey Road Studios eingemietet (Hello, again!) und singt Weihnachtslieder: Wie, bitteschön, sollte man angesichts dieser Informationen vorher nicht zumindest grob ahnen, was einem blüht? Alles andere als Christfestkitsch allererster Sahne würde da bitter enttäuschen. Setzt den Eierpunsch auf, es wird ... ganz geil, eigentlich. Wer dem Geist der Weihnacht nicht unbedingt abgeneigt gegenübersteht, bekommt hier die volle Dröhnung überzuckerte Festtagsromantik.
Die Qualitäten des Royal Symphonic Orchestra stehen außer Frage. Profis, die sie sind, wuppen diese Musiker*innen gleichermaßen makellos Weihnachtsmärchen-hafte Walzer mit Streicher-Overkill, wie sie die Christvesper in einer Wallfahrtskirche beschallen oder zu Country- und Rokckabilly-Ikone Brenda Lees Klassiker "Around The Chrismas Tree" rocken. Für "White Christmas" oder das von Chris Rea geborgte "Driving Home For Christmas" packen sie obendrein Glitzerrevue-taugliche Big Band-Vibes aus: Man kann die weißen Anzüge beinahe hören, oder die üppig beleuchtete akustische Showtreppe, die das Orchester da für Howard Carpendale aufgebaut hat.
Auch seine Qualitäten muss Ende 2021 niemand mehr ernsthaft diskutieren: Er hat sich mit seiner warmen Stimme längst unwiderruflich in die Herzen seiner Fanschar gesungen. Die Rolle des Gastgebers dieser weihnachtlichen Festivität scheint ihm geradezu auf den Leib geschneidert. Carpendale wirkt wie eine Mischung aus Vollblut-Entertainer und dem freundlichen Familienoberhaupt, das die ganze Sippe generationenübergreifend zum Festtagsschmaus unter seinem selbstverständlich "weihnacktlisch" dekorierten Dach versammelt. Sein typischer Akzent übrigens unterstreicht nur den persönlichen Charakter dieser Veranstaltung, er wirkt charmant und gehört dazu wie die Prise Zimt auf dem Eggnogg.
Letzteren habt ihr hoffentlich, wie oben empfohlen, inzwischen angesetzt: Ohne Heißgetränk lässt sich die geballte Besinnlichkeit bei aller Stimmigkeit kaum aushalten. Alltime-Weihnachtsklassiker (wie "Little Drummer Boy" oder "Leise Rieselt Der Schnee") treffen auf etwas (!) weniger antike, aber genau so ausgenudelte Weisen wie "Winter Wonderland" oder "White Christmas". Viel moderner als "Driving Home For Christmas" wirds nicht, aber das erscheint irgendwie auch gut so: Weihnachten lebt von Traditionen und Ritualen, und die von ewiger Wiederholung.
Carpendale liefert entsprechend ab, unter anderem deutschsprachige Versionen von "Santa Claus Is Coming To Town", "Chestnuts Roasting On An Open Fire" oder Cliff Richards "Mistletoe And Wine". Dabei schwelgt er durchgehend in Bildern von Heiler Welt, Festtagsglanz und Familienidyll. Das kann den Grinchs unter den Zeitgenossen leicht Sodbrennen bescheren. Wer aber willens und bereit ist, sich auf den ganzen Weihnachtszauber einzulassen, bekommt mit "Happy Christmas" einen nahezu perfekten Soundtrack dazu.
Einzig die vollkommen drüberne Version von "Stille Nacht" am Ende fällt da ein wenig aus dem Rahmen. Howard Carpendale legt da vor sakralen, überaus engagierten Engelschören eine Art Spoken-Word-Performance hin, teilt seine eigenen Weihnachtsgebräuche und beschwört Ruhe und Harmonie, Frieden und Besinnlichkeit. Gute Wünsche in allen Ehren: Diese Art Appell passte trotzdem besser an seine eigene Weihnachtsdinnertafel. In den Wohnzimmern seiner Fans, egal wie festlich geschmückt die auch im Lichterglanz erstrahlen mögen, erscheint sie ein wenig deplatziert und entsprechend schräg. Vielleicht wirkt inzwischen aber auch schon der Punsch. Hicks.
7 Kommentare mit 7 Antworten
So stelle ich mir Weihnachten in der Hölle vor!
4/5 für Howard Carpendale ist nach den meisten Rezensionen von Rapalben hier eine konsequente Entwicklung.
... was soll ich machen? ich mag weihnachten.
4/5 kugeln in den kopf, für den assi in meiner verwandschaft, der das versucht beim weihnachtsessen aufzulegen.
Die fünfte dann für dich? Aber Vorsicht, nicht mit der Reihenfolge schwächeln
die fünfte ist für den plattenspieler B)
Hauhart Karpfenteich!
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Dieser Kommentar wurde vor 3 Jahren durch den Autor entfernt.
Wer hat meinen Kommentar gelöscht und vor allem warum?
Ich nehme an, das war die Abteilung Satire in dieser Woche, oder?
puh! dani, bitte markiere artikel die komödiantisch interpretiert werden sollen. wir sind hier nicht beim postillion