laut.de-Kritik

Größtmöglicher Konsens auf Kosten der Identität.

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Was ist der Sinn des Lebens? Wer erfand die Metalhorns? Warum feiern so viele Leute In This Moment? Auf manche Fragen gibt es einfach keine Antwort. Geradezu euphorisch geben sich einige Kritiker angesichts In This Moments neuer Platte "Ritual". Eine kurze Netz-Suche fördert gleich mehrere Höchstpunktzahlen und einige Besprechungen, die nur knapp drunter greifen, zutage. Und man selbst sitzt von Track 1 bis 12 da und denkt sich: "What's the point?"

Nö, schlecht ist das nicht, was Maria Brink und ihre Instrumentalsklaven liefern. Nur einfach extrem belanglos. Das beginnt beim auf "Mad Max"-gebürsteten Bombast-Dissonanz-Intro, das vielleicht Sinn ergeben hätte, wenn Song Nummer zwei ordentlich auf die Kacke gehauen hätte. Stattdessen suhlt sich "Oh Lord" in Blues-Groove. An sich cool, bloß können The Pretty Reckless das einfach viel besser – mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass Taylor Momsen keine Vocaleffekte nötig hat. Frau Brink eigentlich auch nicht, nutzt sie aber trotzdem exzessiv. Origineller macht das die Tracks nicht.

Mag sein, dass mancher darin "Stil" erkennt, allerdings hört In This Moments "Stil" in der Regel genau da auf, wo Marilyn Manson vor über einem Jahrzehnt mal angefangen hat. "Joan Of Arc" ist das beste Beispiel dafür. In der Strophe steht der Antichrist Superstar Pate, im Refrain klingts eher nach Pink auf Cyborg-Steroiden und Pain.

Mit "Half God Half Devil" gibt Maria Brink den Leuten, die ihn ihr die Lady Gaga des Metal sehen, was sie hören wollen. Für das schnelle Vergnügen mag die aufgeplusterte Industrial Rock-Masse dienlich sein, für längerfristige Beschäftigung fehlt allerdings die Substanz.

Bei "Ritual" spielt sich alles an der Oberfläche ab. In punkto Effekthascherei macht In This Moment so schnell niemand etwas vor. Das Ziel scheint, möglichst viele Fanlager auf einmal anzulocken und zu blenden. Sicherlich gerät die zugehörige Liveshow auch recht beeindruckend, aber eben vor allem als physisches und optisches Erlebnis, während musikalisch emsiges Recycling herrscht.

Übrigens betreiben In This Moment auf "Ritual" zweimal sehr explizit Recycling. "Black Wedding" stibitzt sich den Refrain natürlich von Billy Idols "White Wedding". Modifikation: Statt "It's a nice day for a white wedding" singt Brink "It's a nice night for a black wedding". Das war's dann auch mit der Kreativleistung im Song, ansonsten kleistert stumpfer Bumm-Beat-alles zu, und aus unerfindlichen Gründen singt Rob Halford ein paar Lines. Ohne Möglichkeit, seine Stimmkraft zu entfalten, fristet der Judas Priest-Frontmann ein Dasein als konturloser Soundeffekt.

"In The Air Tonight" ist freilich ein vollwertiges Cover des Phil Collins-Klassikers. Maria stöhnt sich – natürlich mit Voice-Filter – durch eine auf düster getrimmte Version des Songs. Percussion und Synthies übernimmt sie leicht angepasst vom Original, packt eine Feedback-Gitarre dazu, um Atmosphäre zu schaffen, übersieht aber, dass zu erfolgreichem Spannungsaufbau mehr gehört, als nach drei Minuten anzufangen, lauter Schlagzeug zu spielen und zu schreien. Aber naja, Disturbed haben auch ein Kult-Cover in die Charts katapultiert, warum sollten das In This Moment nicht auch schaffen?

Wer auf der Suche nach netter Unterhaltung für zwischendurch ist und keine Lust hat, sich an Neues zu gewöhnen, könnte bei "Ritual" fündig werden. Um sich berieseln zu lassen, funktionieren die Songs nämlich hervorragend. Hier tut nichts weh, hier bekommt man auf Kosten der Identität den größtmöglichen Konsens serviert, den eine Metalband derzeit wohl bietet.

Trackliste

  1. 1. Salvation
  2. 2. Oh Lord
  3. 3. Black Wedding
  4. 4. In The Air Tonight
  5. 5. Joan Of Arc
  6. 6. River Of Fire
  7. 7. Witching Hour
  8. 8. Twin Flames
  9. 9. Half God Half Devil
  10. 10. No Me Importa
  11. 11. Roots
  12. 12. Lay Your Gun Down

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