laut.de-Kritik
Hip Hop trifft Jazz: ungekünstelt kunstvoll.
Review von Dani FrommEinen Rapper, der etwas in der Birne, entsprechend Dinge zu sagen und zudem das Talent zur human beatbox hat. Einen überaus tauglichen Saxofonisten. Einen Weltklasse-Drummer. Und Bass. Iswhat?! könnten einen glatt auf den Holzweg führen, mehr brauche es nicht, um eine umwerfende Platte aufzunehmen.
Nichts anderes bietet "Big Appetite": clevere, bei allem Minimalismus herzerwärmend charmante Kompositionen, die, statt zwischen Jazz und Hip Hop zu mäandern, beide Genres verschmelzen und damit dem einen wie dem anderen neue Perspektiven eröffnen.
"Next level shit" also? Solch überstrapazierte und entsprechend ausgeleierte Begrifflichkeiten wollen so gar nicht haften bleiben. Natürlich handelt es sich bei der Truppe aus Ohio keineswegs um die ersten Brückenschläger zwischen - nur scheinbar so konträren - musikalischen Welten.
Vergleichbar ungekünstelt, dabei aber ähnlich kunstvoll gelang die Synthese seit A Tribe Called Quest-Zeiten nicht mehr - oder, man hat es nicht mitbekommen. Die Feststellung der zuständigen Promo-Dame ("Keine Sau kennt diese Band!") erweist sich als überaus zutreffend.
Wenn überhaupt sind es die Jazz-Magazine, die die Combo auf dem Schirm haben. Hip Hop-Kontexte entpuppen sich, was das Thema Iswhat?! angeht, weitgehend als tabula rasa. Eine allgemein gehaltene Suche nach "Iswhat?!" und "Big Appetite" liefert immerhin Hilfe beim Umgang mit Fressattacken. Es ist ein Skandal.
Die Faszination von nahtlos in flüssige Raps hinüber gleitende Spoken Word-Passagen oder schnaubenden Beatbox-Einlagen droht tatsächlich an einem breiten Publikum vorüber zu ziehen. Die Stimme Napoleon Maddox' dient als vollwertiges Instrument. Gesungene Zeilen verschmelzen mit hellen Saxofonlinien zu betörenden Melodien ("Cats") - oder donnern geradezu Dälek-like über den Hörer hinweg ("Trouble").
Zu einer Crew, von der man noch nie gehört hat (Skandal, wie gesagt: Bei "Big Appetite" handelt es sich keineswegs um ein Debüt-Album!), gesellen sich Gast-Künstler, deren Namen einen ebenso ratlos zurück lassen: Phalon Jibril? Ill Poetic? Piakhan? Never heard of these clowns - und kein Einziger liefert einen guten Grund dafür!
Hamid Drakes Drums schlagen, mal jazzig, mal ungeheuer funky, Spannungsbögen, deren Wirkung man sich nur schwer entziehen kann. Percussion, hier ein Klavier, da ein paar Scratches oder Geräusch-Einsprengsel runden das stimmige Gesamtbild ab. Ebenso ein wenig Latin-Flair ("Hungry") oder ein Hauch Blues ("Cramps").
Um vergleichbar vor Qualität und Unterhaltungswert berstende Musik zu erschaffen, verfügen Iswhat?! jedoch über weit mehr als "nur" einen Rapper, einen Saxofonisten, einen Bassmann und einen Drummer. Hinzu gesellen sich - offenbar bei allen Beteiligten - Virtuosität, überbordender Einfallsreichtum, Freude an Improvisation und Innovation sowie - niemals zu verachten - schier abartige Musikalität. "It's just fantastic"
19 Kommentare
werde ich mir in nächster zeit ma antun. Da ich eig nicht viel von amerikanischem rap halte bin ich sehr gespannt was diese mischung bringt.
@PKingEnte (« werde ich mir in nächster zeit ma antun. Da ich eig nicht viel von amerikanischem rap halte bin ich sehr gespannt was diese mischung bringt. »):
schonmal was von anticon und kollegen gehört?
Außer Methodman mag ich Amirap auch nich so gern^^. Aber das Album klingt echt interessant.
@Wombaz (« @Elmo i.G. (« naja DC find ich mäßig(wale nicht so, kenn starr war mal fett, oddisee auch irgendwie nichts besonderes. wen hab ich grade vergessen?) überall is was los, man muss nur suchen. die zukunft der musik-szene liegt hier im internet, das stimmt. »):
Ich glaube du hast keinen Rapgeschmack pfüüü
erst kann Kamp nicht rappen - ich frage mich wer auf diesem Planeten sonst rappen können soll - und dann ist Oddisee nichts besonderes? Hör mal hin! Hör mal das Diamond District Album, hör mal die Tracks auf den zwei Funkadelic Freestyle Mixtapes, was der Junge für Beats abliefert, ist HipHop wie er schwerlich besser sein kann!
Nach DC/DMV gehören neben Diamond District (mit Oddisee, yU, X.O.) und kenn Starr auch noch Leute wie Kev Brown, Kaimbr und der Rest der Low Budget Crew und newcomer wie Charlie Ross...
edit.
um dir den weg zu einem unfassbaren Oddisee Beat nicht zu weit zu machen:
Oddisee - We On To Something
http://www.zshare.net/audio/640894431280f7…
(ganz legal von funkadelic freestyles vol. 1 mixtape) »):
wie gesagt kamp ist doll, aber kein überragender techniker, das album fand ich auch sehr gut. ich weiss dass man sich in den ösi-kauderwelsch schnell reinhört, bleibt aber trotzdem ein sehr gemächlicher und eintöniger rapstil.
von oddisee hab ich mir fast nur durch seine solo sachen einen eindruck bilden können(also vllt etwas zu wenig von ihm gehört) und da isses wie bei vielen produzenten-rappern, viel talent, aber im rappen werden sie selten hervorragend.
die beats an sich sind ja fein, aber nichts wo man sagen würde: der typ wird die szene prägen oder was auch immer. deswegen nichts besonderes.
erinnert mich an black milk, nur dass der paar runde besser ist.
ausgangspunkt der aussage war auch nur dass DC jetzt nicht der raptempel wird... da würden mir 10 andere städte eher einfallen.
edit: der verlinkte track ist natürlich sehr fett
hör dir mal das diamond district free album an, das ist wirklich sehr sehr dope, gerade acuh was die Beats von Oddisee angeht. Kommt am 27. Okt dann auch als pysische CD/Vinyl raus.
http://mixtapesammelstelle.de/2009/04/16/d…
@Elmo i.G. (« fand den satz auch missverständlich... überforder uns mal nicht »):
Doch doch... Schreib ruhig weiter so verzwickt, find ich top. Man will ja auch mal ein bisschen zu knacken haben an so einer Review, dass man sich das auch merkt...