laut.de-Kritik

Der britische Schmuse-Barde widmet sich dunkleren Themen.

Review von

James Morrison ist ein Mann der Tiefe; jemand der die Liebe riecht, auch wenn sie noch drei Häuserblocks entfernt ist und sie einatmet und verinnerlicht, um sie dann, vorgetragen in einem melancholischen Harmonie-Schwall, mit der breiten Herz-Schmerz-Masse zu teilen. Das klappt beim Genre-Kollegen James Blunt seit Jahren wunderbar, und auch James Morrison kann sich über die Verkaufszahlen seiner ersten beiden Alben nicht beschweren.

Natürlich arbeitet der eine James im Gegensatz zum anderen mit wesentlich mehr Soul und Rhythmik, die Ähnlichkeit der Struktur des Gesamtpakets lässt sich aber nicht von der Hand weisen, und so landete James Morrison alsbald in der ungeliebten Schublade der Schmuse-Barden, wenn es um die Kategorisierung seines Schaffens ging.

Über die Liebe zu singen ist ja im Grunde genommen alles andere als verwerflich. Schließlich predigen selbst die Mannen um James Hetfield die Magie der Zweisamkeit, findet zumindest Klee-Frontfrau Suzie Kerstgens. Wie dem auch sei, der Brite mit der markanten Stimmfarbe kann jedenfalls nicht anders, und so kommt das Thema Liebe auch auf seinem dritten Longplayer "The Awakening" nicht zu kurz .

Doch diesmal halten sich die obligatorischen Schmacht-Seufzer des Briten in Grenzen. Stattdessen bezirzt er die Liebe aus einer anderen Perspektive und präsentiert sich dabei als gereifter Mann mit Tiefgang, dem die Vergangenheit nicht immer nur mit Sonnenschein zur Seite stand.

Gleich zu Beginn verarbeitet er auf "In My Dreams" und "6 Weeks" nur mit Hilfe der Akustikgitarre und leichten Percussions den Tod seines Vaters. Der Umgang mit diesem unerwarteten Schicksalsschlag begleitet viele der insgesamt dreizehn Songs. Neben der Trauer und der Verarbeitung geht es aber auch um Hoffnung und dem Licht am Ende des Tunnels. Vor allem der Titelsong, der sich mit Einsetzen der Drums fast schon in einen für Morrison-Verhältnisse eher untypischen Rocksong verwandelt, oder "Up", ein sanftes Singer/Songwriter-Duett mit Jessie J huldigen eher dem Aufrappeln als dem Verkriechen.

Das Gros des Materials wird klassisch instrumentiert. Über dem Schlagzeug, dem Bass und den Gitarren liegt der Fokus vor allem auf Morrisons rauchig souliger Stimme. Standardisierte Streicher-Arrangements füllen das Ganze auf und präsentieren letztlich erdigen Soul-Pop. Nicht mehr und nicht weniger.

Hier und da verirrt sich auch der Funk ("Slave To The Music") oder ein Hawaii-Sechssaiter ("Right By Your Side") in die von Frank Butler überwachte Produktion, aber insgesamt überwiegt das musikalisch Erwartete. Dennoch: "The Awakening" ist voll eingängiger Airplay-Melodien und bietet somit den perfekten Soundtrack für ein unaufgeregtes Sonntags-Dinner zu zweit.

Trackliste

  1. 1. In My Dreams
  2. 2. 6 Weeks
  3. 3. I Won't Let Go
  4. 4. Up
  5. 5. Slave To The Music
  6. 6. Person I Should Have Been
  7. 7. Say Something Now
  8. 8. Beautiful Life
  9. 9. Forever
  10. 10. The Awakening
  11. 11. Right By Your Side
  12. 12. One Life
  13. 13. All Around The World (Bonus)

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