JayMax - " Aus'm Leben Gegriffen"

Wo zur Hölle liegt eigentlich Osnabrück? Zumindest auf der Hip Hop-Landkarte war das niedersächsische Städtchen bisland nicht verzeichnet. Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, Sonnenhügel beherbergt Bonzen und Faker, während in Schinkel Ost und Fledder ordentlich gestruggelt wird. Ein Leser aus Osnabrück möge mich doch bitte aufklären.

Allerdings könnte man sicherlich auch Savas fragen. Der King of Rap gab JayMax respektive der Crew Perspektive Musik auf seinem letzten Streettape ordentlich Support. "True Shit" als Prädikat vom Meister - so was zieht natürlich Downloads wie Sau. Hört man sich "Aus'm Leben Gegriffen" dann aber an, drängt sich förmlich die Frage auf, warum er es tut.

"Aber ich bin nur ein Mensch, und das vom männlichen Geschlecht / und find' Frauen so klasse, dass schon ein Händedruck mich flasht" - das würde der Berliner sicherlich noch unterschreiben. "Es ist so schwer, die Richtige zu finden / doch für jeden Menschen ist es wichtig, sich zu binden" - das wohl eher nicht. Oder, um mit Bass Sultan Hengzt mal einen anerkannten Experten auf diesem Gebiet zu zitieren: "Ihr Ökos fickt nur eine Frau". Und nicht mal die: "Da Draußen", der Track zu diesen Zitaten, ist mehr oder weniger eine gerappte Kontaktanzeige. Und die Nummer Eins im Leben der Beiden sind sowieso Rap und "Beats".

Und obwohl es inhaltlich ansprechend ist, so zählt das Lied wegen der grenzwertigen Hookline und dem etwas schwachbrüstigen Beat sicher nicht zu den Favoriten des Albums. Einer von denen folgt jedoch auf dem Fuß: "Schluss Mit Lustig" baut sich unaufhaltbar zu einem astrein vorpreschenden Battletrack erster Klasse auf. Die Samples zu "Keine Zeit Mehr" oder auch "Weißt Bescheid" harmonieren glänzend mit dem frechen Style der Norddeutschen, die drauf scheißen, dass man als realer Deutschrapper kein Bluespiano benutzt und trotzdem höllisch Party machen. Im Ernst: Sollte ich jemals in den Genuss kommen, "Liebe & Krieg" oder den Rausschmeißer "JayMax" live zu hören, transpiriere ich wie ein vollbesetztes Fitnessstudio.

Die beiden Rapper sind nicht die größten Geschichtenerzähler, aber die Stories sind nachvollziehbar und interessant. Natürlich wirkt das alles ein wenig oldschool - nicht vom Reimschema oder der Produktion her, sondern von der Mentalität der Rapper. Jeder Wortakrobat behauptet zwar, er rappe nur um des Rappens willen, aber bei wenigen schwingt der Geist der 90er Jahre-Hip Hop-Jams dermaßen im Subtext mit. Mit Charme kann man eine Menge Sympathiepunkte sammeln, und die beiden sprühen förmlich davon. Beispiel gefällig?

Das Album gibt es auf der Homepage der Perspektive-Crew zum "Kennenlern-Homie-Freundschaftspreis" für nur fünf Öcken. Mission erfüllt: Osnabrück ist auf der Karte. Und wenn die beiden touren, bin ich dabei. Auf jeden. "Jetzt ist Ende im Gelände, Schicht im Schacht / Justus und Max batteln MCs, hättet ihr nicht gedacht! / Jetzt ist Schluss mit lustig, Ruhe im Puff / Ihr seid nicht PM, eine Crew ist genug."