laut.de-Biographie
Jet
Wenn der hauseigene DJ kommt und sagt "Hey, ich habe da eine ganze neue Band entdeckt. Die musst du dir unbedingt mal anhören." Dann ist Vorsicht geboten. Da gibt es zwei Möglichkeiten, erstens: "Oje, was hat der Gute jetzt schon wieder für'n Dreck dabei." Oder höfliches Nicken: "Klar, lass mal laufen." Dann lauscht der Hörer und die Ohren werden immer größer. Mit auf den Boden stampfenden Füßen erfahren die ersten Takte der Single "Are You Gonna Be My Girl" fröhliche Unterstützung.
Bis zum Fansein ist es dann nicht mehr weit und der Song mutiert zum Ohrwurm. Dem DJ sei Dank und der Neu-Jetler erwartet freudig die Plattenveröffentlichung. Das ist eine Art auf die junge Gruppe aufmerksam zu werden. Jet sind vier Jungs im gewohnten 60s Style mit langen Haaren und coolen Gesichtsausdrücken. Ihr Smashhit "Are You Gonna Be My Girl" begeistert nicht nur die englische Zeitung. Das Erstlingswerk "Get Born" erscheint in einem Monat, der vollgepackt ist mit neuen Veröffentlichungen und Konzerten.
Im Oktober 2003 sind so einige Journalisten völlig übersättigt. Während die "Neuerfinder" des Rock'n'Roll, die Strokes und die White Stripes langsam zum Winterschlaf ansetzen, wird mit Jet wieder eine durchgestylte Hitmaschine durch den Spätsommer gewirbelt. "Get Born" lädt ein zu einer Reise durch die musikalische Zeitmaschine. Für die einen alles schon mal da gewesen, für die anderen der wohl schönste Pralinenrock-Klassiker des 21. Jahrhunderts.
Die Brüder Nic (Gitarre/Gesang) und Chris Cester (Schlagzeug/Gesang), Cameron Muncey (Gitarre/Gesang) und Mark Wilson (Bass) bilden das charismatische Quartett. Die musikalische Erleuchtung von Chris beginnt mit dem Hören seiner ersten Beatles-Platte "Abbey Road". Die hat er zufällig bei seinen Eltern im Regal entdeckt, neben ganz vielen Scheiß-Alben. Die letzte Scheibe der Pilzköpfe hat er den ganzen Tag verschlungen und mit Essstäbchen auf Kissen getrommelt. Daraufhin wird eine imaginäre Band gegründet. Sie haben den Namen "The Boys" und spielen Gitarre auf Tennisschlägern.
Sein Bruder Nic wächst eher mit dem Rocksound von The Who auf. Gemeinsam leben sie in einem Vorort von Melbourne, wo die Jugend vorwiegend durch Grunge-Bands infiziert wird. Nic kann diese Art von Musik absolut nicht leiden. Er hat dabei das Gefühl, ständig seine Pulsadern aufschneiden zu müssen. Die Idee selber Musik zu machen, liegt also sehr nahe. Bei Jet ist sowohl wildes Headbangen als auch knutschender Stehblues erlaubt.
Sie schleudern ihre Mähne wie AC/DC, erinnern an die schöne 60s Rock-Folklore à la The Kinks und rotzen mild britisch wie Oasis. Auf Konzertreise gibt es dann auch gerne mal ein Cover vom großen King, den die Vier verehren und es spannend finden an die gute, alte Zeit zu erinnern.
Ihr Debüt "Get Born" entsteht in den Sunset Sound Studios in L.A. Der Produzent Dave Sardy ist schon für den Erfolg der Dandy Warhols und Gruselmaske Marilyn Manson verantwortlich. Eigentlich wollen sie gar keinen Producer, doch seine Hände verwandeln die 13 Hymnen in ein goldenes Meisterwerk.
Familienbands scheinen 2003 gut anzukommen. Ein weiteres Brüderpaar findet man zum Beispiel auch bei den Kings Of Leon, mit denen Jet eigentlich schon im November in Europa auf Tour gehen sollten. Aus unerfindlichen Gründen kommt die gemeinsame Rundreise jedoch nicht zustande. Im Frühjahr 2004 kommen die Australier dann alleine über den Teich geflogen und lassen ihre Mähne schwingen. Und zu guter letzt sollte man in Gedenken an Wesley Willis folgendes zitieren: "Say Rock, say Roll!"
Drei Jahre haben sich die Brüder Cester und Kollegen Zeit gelassen für eine neue Rockshow und die Fans dürfen durchatmen. 2006 erscheint mit "Shine On" das zweite Retropaket. Die Aufnahmesession beginnt auf Barbados und endet in den Hillside Manor Studios in LA. Hier treffen sie erneut auf ihren Erfolgsproduzenten Dave Sardy (Oasis, Dirty Pretty Things, Primal Scream, Wolfmother). 'Back to the roots' bleibt auch musikalisch ihr Motto. Der Druck ist stark und die Erwartungen groß, aber Jet behalten ihr Selbstbewusstsein und ziehen auch ihr zweites "Baby" gelassen durch. Am Ende ist dann doch alles irgendwie Magie. Nic: "Du zielst auf die Sterne und landest auf dem Mond." Gilt das Debüt noch als clubtauglich rocken sie nun endgültig das Stadion und befinden sich neben allerlei B-Einflüssen (Beatles, Beach Boys) geradeaus auf dem Highway To Rock.
Wieder ziehen drei Jahre ins Land bis Jet sich erneut zu einem Album durchringen. "Shaka Rock" heißt ihr drittes und letztes Album. Zwar gehen noch weitere drei Jahre ins Land, aber die schlechte Resonanz auf die Platte und zunehmende Drogeneskapaden dürften 2012 zu dem Entschluss geführt haben, die Gruppe aufzulösen.
Die letzten Konzerte finden im Spätjahr 2010 als Support-Act für Powderfinger im Rahmen für deren "Sunsets Farewell Tour" statt. Noch vor dem Jet-Split gründet Chris Cester mit Mark Wilson das stark discolastige Sideproject DamnDogs. Die beiden selbst verstehen ihre Musik als 'Space Junk'. Im August 2011 erscheint die Debüt-EP "Strange Behaviour".
Am 26. März 2012 schließlich geht die Nachricht der Bandtrennung aus Melbourne um die Welt und Jet bedanken sich noch mal für die entgegengebrachte Begeisterung. Als offizielle Begründung für das Aus müssen das Suchen neuer Ziele sowie die Aktivitäten der Herren Cester und Wilson mit ihrer neuen Band DamnDogs herhalten. Die Retrowelle rollt zwar unablässig weiter, diesmal aber mit ein paar musikalischen Wassertröpfchen weniger.
"Nach vielen erfolgreichen Jahren des Schreibens, Aufnehmens und Tourens haben wir die Absicht, die Stilllegung unserer Band publik zu machen. Ob in Clubs, Theatern, Stadien oder auf Festivals; es waren die Fans, die unsere unglaubliche Geschichte möglich gemacht haben, und wir wollen ihnen dafür danken. Danke und gute Nacht!", heißt es zum Schluss dann noch in aller Kürze.
Vier Jahre nach der Trennung reformieren die Gebrüder Nic und Chris Cester sowie Cameron Muncey und Mark Wilson 2016 ihr altes Baby Jet. Die erste Reunion-Show spielt der Vierer am 31. Januar 2017 in Melbourne. Im Februar 2017 eröffnen sie in Australien und Neuseeland fünf Konzerte als Opening-Act für Bruce Springsteen auf dessen The River-Tour.
Nur fünf Monate später erscheint die gemeinsam mit den italienischen Electro-Dance-Punks von The Bloody Beetroots aufgenommene Single "My Name Is Thunder". Der Clue daran: Die Single erscheint in zwei verschiedenen Versionen, die jeweils die musikalische Ausrichtung der beiden Acts widerspiegeln. "Ich wusste, dass dieser Song einen gewissen Rocksound brauchte. Einen Klang wie Jets Nic Cester ihn hat" kommentiert Bloody Beetroots-Chef Sir Bob Cornelius Rifo das Experiment.
Anlässlich der Feierlichkeiten zum 15-jährigen Jubiläum ihres Debütalbums "Get Born" gehen Jet 2018 auf eine kurze Tour in Down Under und führen das Album bei dieser Gelegenheit komplett auf. "Wir sind begeistert darüber, 'Get Born' zum ersten Mal überhaupt in ganzer Länge zu spielen", heißt es hierzu aus dem Lager der Band. Auch europäische Fans kommen in den Genuss, die reformierten Haudegen bei zwei Auftritten in Manchester und London live zu erleben. Um die Reunion zu promoten, veröffentlichen Jet im Juni des gleichen Jahres die in ihrer Heimatstadt aufgenommene Liveplatte "Get Born: Live At The Forum".
Das Motto nach der Wiedervereinigung liefert ein Song ihres Debüts: "Come Around Again". Aber gerne doch! Voll aufgetankt und sprühend vor Vitalität geht es den Herren von Jet immerzu darum, die Hallen der Welt mit ihrem hochenergetischen Gebräu aus rotzigem Rock'n'Roll und Garage zum Kochen zu bringen. Da lässt man sich ungern zweimal bitten.
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