laut.de-Kritik

Der Soul der 16-Jährigen schlägt hohe Wellen ...

Review von

Joss Stone aus Devon wandelt in wahrhaft großen Fußstapfen. Die Medien, besonders die amerikanischen, überschlagen sich bereits mit Lobeshymnen auf das britische Goldkehlchen. Sie sieht nicht nur aus wie die hübschere Version von Julia Stiles und singt wie Aretha Franklin in ihren besten Jahren - sie ist zu allem Überfluss erst 16 Jahre alt.

Ja, richtig gehört. Während andere Jugendliche selben Alters sich auf Talentsuch-Bühnen blamieren oder den selben Schund couchliegend auf sich einrieseln lassen, nimmt die Engländerin mal eben ein Soul-Album auf, das hohe Wellen schlägt. Doch diese 16 Lenze sind es, die einen auch irgendwie stutzig machen: Man wünscht dem Mädchen weder, die Tiefschläge erfahren zu haben, die eine gute Soulmusikerin ausmachen, noch nimmt man es ihr ab. Immerhin sitzt sie nicht mit tiefen Depressionen in der Nervenheilanstalt oder ballert sie sich nach Joplin-Vorbild Drogen in die Birne. Statt dessen trällert sie fröhlich Liederchen, die tief aus der Seele derjenigen Künstler stammen, die sie geschrieben haben. Joe Simon, Laura Lee und selbst die White Stripes durften ihre Erzeugnisse zum Aufwärmen zur Verfügung stellen.

Erstaunlicherweise gelingt es Joss Stone trotz ihrer juvenilen Unbeschwertheit, diese Emotionen großteils hervorragend auf den Punkt zu bringen. Sie setzt ihre Stimme je nach Gefühlslage mal schmerzerfüllt, mal rauchig verführerisch und mal unheimlich leidenschaftlich ein. "I Had A Dream" klingt nach fleischgewordener Tracy Chapman, "All The Kings Horses" von Aretha Franklin überzeugt durch powervolle Rhythmik, und so schön wie in "For The Love Of You", im Original von den Isley Brothers, ist man schon lange nicht mehr angeschmachtet worden.

Da passt sogar "Fell In Love With A Boy", die Soulversion von "Fell In Love With A Girl" vom White Stripes-Album "White Blood Cells" ins Konzept. Bei diesem Song wird das Wunderkind übrigens von Soullegende Angie Stone und "The Roots"-Mastermind ?uestlove unterstützt. Wem das noch nicht genügt, zweifelt nach "Dirty Man" definitiv nicht mehr an den herausragenden gesanglichen Qualitäten der Britin. Den einzigen Aussetzer stellt ihre Version des Sugar Billy-Hits "Super Duper Love" dar. Der Song, schon im Original kein Überflieger, kommt zu schleppend daher und erzeugt leider nie das Gefühl, die Interpretation mache der Sängerin sonderlich Spaß.

Am Ende des Albums angekommen, hat der Hörer das zarte Alter der Britin längst vergessen. Man muss hoffen, dass Joss Stone den Hype unbeschadet übersteht. Zumindest bisher gelingt es ihr immerhin, auch ohne Madonna-Knutscherei von sich reden zu machen...

Trackliste

  1. 1. The Chokin' Kind
  2. 2. Super Duper Love
  3. 3. Fell In Love With A Boy
  4. 4. Victim Of A Foolish Heart
  5. 5. Dirty Man
  6. 6. Some Kind Of Wonderful
  7. 7. I've Fallen In Love With You
  8. 8. I Had A Dream
  9. 9. All The King's Horses
  10. 10. For The Love Of You (Pts. 1 And 2)

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