laut.de-Kritik

Halb Tanzbodenrakete, halb Tischfeuerwerk. Human Factor gone missing.

Review von

Juri Gagarin ist eine dieser Personen aus der Zeit der bipolaren Weltordnung, die immer wieder mal für den Missbrauch in der Popkultur herhalten muss. Ein Wunder, dass sich bis dato noch keine Band nach ihm benannt hat. Nun also hat sich ein Hamburger Elektro-Duo den Namen geschnappt. Und irgendwie passt das ja auch.

So wie Gagarin der zeitlose Held der sowjetischen Raumfahrt ist, so bringen die beiden Keyboard-Kosmonauten Arnold Kinzel & Sergej Halosin dem Hörer zeitlos pumpende Floorfiller, die vor allem eines transportieren: Energia!

Der Titeltrack zeigt sich nur 15 Sekunden lang verhalten, dann bratzt und bumpert sie los, die Tanzbodenrakete. Der Start ist alles andere als holprig, nein, steil in den Nachthimmel geht es, direkt auf die Planeten Kitsuné und Kirmestechno zu. Und noch bevor der kopfnickende Raumfahrer im Helm die Schwerelosigkeit erreicht hat, will er raus. Ins ewige Dunkel, tanzen!

Zu Beginn von "Sputnik" meldet scheinbar unkoordiniertes Gepiepe eine Systemstörung, der stabilisierende Beat bringt das Schiff zuverlässig zurück auf Kurs. "Presidator" lässt den Raumgleiter relativ entspannt durch die Space Night düsen, bevor auf "Supermarkt" Friederike Herr ihre Stimme erhebt: "Turn the radio a little louder so no one will hear a scream". Sicher: Ihr Schrei verhalt garantiert nicht unerhört in den Tiefen des Raums.

Nach einigen Erdumrundungen vorbei an "Baikonur" und "Laika" taumelt man trunken vom tanzinduzierten Kabinenkoller ins "Delirium". Die ersten Testflüge ergeben: "Energia" ist ein interessantes Elektroraumschiff, das mitunter unter der Kurzlebigkeit der einzelnen Komponenten leidet. Warum nicht eine trudelnde Techno-Treibstoffrakete wie "Abflug" auf sieben, acht Minuten auftanken? Außerdem fehlt mitunter das verbale Moment.

Raumfahrt ist ein einsames Geschäft, da hätte man sich doch den ein oder anderen Vortrag gewünscht. Die Sonderausstattung in Form des Der Tante Renate-Remixes von "Sputnik" sowie der Rampue-Version von "Supermarkt" stimmt ein wenig versöhnlich. Erde an Juri Gagarin: Der Orden für außerordentliches Tanzvergnügen wird auf Bewährung erteilt!

Trackliste

  1. 1. Energia
  2. 2. Sputnik
  3. 3. Presidator
  4. 4. Supermarkt
  5. 5. Baikonur
  6. 6. Laika
  7. 7. Abflug
  8. 8. Delirium
  9. 9. 1 2 3 Go
  10. 10. Sputnik (Der Tante Renate Remix)
  11. 11. Supermarkt (Rampue Remix)

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