laut.de-Kritik
Biografie, Politik & Battle-Rap.
Review von Anastasia HartleibBiografisches, Politisches, Ansagen und überraschende Features: Juse Jus neuestes Werk besticht mit seine lebendigen Vielseitigkeit. Gleichzeitig liegt darin seine Achilles-Ferse.
Produziert wurde "Millennium" vom C.O.W. 牛 Kollektiv, hinter dem sich unter anderem ein Teil der TRIBEZ., ehemals Tribez of Jizu, verbirgt. Die Beats changieren zwischen Trap Snares und Piano-Loops, zwischen Club-Bangern und Boombap-Hängern. Trotz ihrer Unterschiedlichkeit ergeben sie aber ein zusammenhängendes Gesamtbild und unterstreichen die Tonalität der einzelnen Songs. So leiern in "Claras Verhältnis" unheilvoll die Snares, Drums und tänzelnden Syntheziser, während "Sayonara" in einem weitläufigen Beat Platz findet, in dem Hoffung und Melancholie gleichermaßen schillern.
Der Weltbürger verarbeitet auf "Millennium" Schlüsselerlebnisse seines Lebens: das erste Album auf dem Markt in einer Zeit, in der Hip Hop augenscheinlich im Sterben lag ("Millennium"), eine frühere "toxische" Beziehung, die in Juses Gedankenwelt aber immer noch ziemlich viel Raum einnimmt ("Claras Verhältnis"), der Trip mit den Kumpels, der das Ende einer Ära bedeutete ("Sayonara"), die Zivi-Zeit in der Psychiatrie ("TNT"), der Versuch der eigenen Neuerfindung ("Model In Tokio") und der Tod des verehrten Onkels ("Unter Der Sonne").
Als besonders markant erweisen sich dabei "TNT" und "Unter Der Sonne", in denen Juse sein Talent fürs Geschichtenerzählen unter Beweis stellt. "TNT" überrascht mit einer Art gesungenen Hook, deren Rohheit die darunterliegende, etwas ruppige Gitarre unterstreicht, und hinterlässt seine Hörer*innen mit der traurigen Erkenntnis, dass psychiatrische Einrichtungen sowohl für ihre Patienten, als auch für ihre Angestellten stumme, dumpfe Verzweiflung bedeuten. "Es hätte alles gut sein könn' an meinem letzten Tag / doch Andreas war nicht da, seine Frau fand ihn im Bad / in Patientenakten steht in so 'nem Fall 'suizidal' / doch es gibt keine fürs Pflegepersonal."
"Unter Der Sonne" verarbeitet hingegen den Tod von Juse Jus Onkel, der hörbar ein Idol für den Rapper gewesen sein muss, und deshalb viel Intimität ausstrahlt. Seine Platzierung als letzter Song auf "Millennium" führt dazu, dass dieser intime Eindruck auch ein bisschen auf das gesamte Album ausstrahlt und ihm gefühlt ein bisschen mehr Tiefe gibt, als objektiv betrachtet vorhanden ist.
So wirklich retrospektiv werden Juse Jus biografisch geprägten Songs nämlich nicht. Die vergangenen Ereignisse erzählt er zwar, hinterfragt sie aber weder, noch ordnet er sie ein. Dazu kommt, dass "Kranich Kick" und "Millennium" etwas unscharf in ihrem Fokus wirken. Mal schießt er gegen Rapper, mal gegen Dschungelcamp-Bewohner, dann rattert er die Rap-Geschichte der 2000er runter, aber es wird nicht so recht klar, warum. Die Battle-Songs "Edgelord" und "Ich Hasse Autos" gehören, für sich genommen, durchaus ins obere Drittel des Albums, tragen aber auch nicht unbedingt dazu bei, "Millennium" einen roten Faden zu geben.
Dafür stellen die Feature-Gäste des Albums ein wirkliches Highlight dar, mit denen der durchschnittliche Juse-Edgar-Fatoni-Hörer wohl kaum gerechnet haben dürfte. Waving The Guns' Milli Dance bohrt in "Edgelord" genau dort den Finger in die Wunde, wo Juse scheinbar nur die Hand auflegt: "So vieles ist so leicht gesagt mit weißem Teint und unpolitisch sein muss man sich leisten könn' / du hast keinen Bock mehr über Politk zu reden? Du Ärmster, frag' mal jene, auf die Projektile regnen". Mädness' Swagger in "MTVs Most Wanted" springt auch auf Juse über, und Uralt-Homie Bonzi Stolle gibt "Ich Hasse Autos" gemeinsam mit Panik Panzer von den Antilopen die nötige Rotzigkeit. Mit Mia Juni und Nikita Gorbunov (nach eigener Aussage "Musiker, Komiker, Poetry Slam Macher") bekommt das Album zu guter Letzt auch noch ein wenig Singer/Songwriter-Seifigkeit.
Alles in Allem erscheint "Millennium" mehr wie eine lose Ansammlung guter bis ziemlich guter Songs als wie ein stringentes Album. Juses Rap-Qualitäten sind wie immer tadellos und seine Rhythmik-Wechsel machen Spaß. Nur inhaltlich könnte es ein bisschen fokussierter zugehen.
5 Kommentare mit 6 Antworten
Mit der langweiligste dude im game
Finde seine biografischen Geschichten noch tausendmal spannender als die ganzen "wir haben Amerika seine Mutter gefickt"-Einheitsbreisachen.
Kann sein aber er bringt es halt monoton rüber /helfen auch die besten Geschichten nichts /und zwischen ihm und assi rap gibt es so viel mehr
Ich bin da bei runen. Dabei hat er ja durchaus was zu erzählen, aber kommt dabei leider rüber wie der uneheliche Sohn von Laas Unlimited und dem Nerd von Blumentopf.
Der hat halt auch diese Berlin-Mitte-Grünenwähler-Attitüde, mit der man ihn selbst dann unsympathisch findet, wenn er auf durchaus kritikwürdige Phänomene wie Rassismus und Verschwörungstheoretiker eindrischt. Wären er, Edgar Wasser und Fatoni eine Crew, wäre er der Bartek der Gruppe.
super analayse hrvorragend, vor allem das mit bartek, aber verschwörungstheorien sind gut und über jede Kritik erhaben
Richtig gutes Album. Verstehe da die Kritik auch nicht. Sind halt viele gute bis sehr gute Tracks die verschiedene Themen haben aber gut durch die hervorragenden Produktionen zusammengehalten werden.
Kann man durchaus auch Mal reinhören, wenn man ihn früher nicht so mochte. 4
Viel wacker als bisher geht ja wohl auch kaum.
Ich hasse Autos ist schon sehr lustig geworden so in dem Stil das komplette Album... Das wäre es. Kann man auch analog auf die Antilopen anwenden
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kranich kick ist ganz ok. erinnert mich an german angst aber der track war auch ganz geil.
Netter Weirdo, die Mucke brauch keine Sau.