1. Juni 2011

"Lars von Trier hat den Witz verkackt"

Interview geführt von

"Urlaub Fürs Gehirn" heißt die neue Platte der Berliner Rotzlöffel mit Tiefgang. Ist Hip Hop bereits tot oder riecht er nur streng?Warum stellen sich Teile der Band für eine Splitterpartei als Bürgerschaftskandidaten auf? Und warum haben Thilo Sarrazin und Lars von Trier den Witz verkackt? Sil-Yan und Maxim stehen in diesem nicht ganz typischen Hip Hop-Interview ihren Mann und zeigen sich dabei als sehr politische Band.

Moin Leute, eines vorweg: Ich bin aus eurer Sicht sicherlich ein Genrefremdling, ein Public Enemy/NWA-Backpacker aus der Kreidezeit und dem Hip Hop ne Schickse. Aber immerhin fast auf die Minute genauso alt wie Tupac. Wir hatten immer dasselbe Horoskop. Das ist die einzige Credibility. Traurig, ich weiß.

Achso, nein. Das geht ja nicht. Wir hauen dann ab. Tschüss! Nein, nein, Scherz beiseite. Leg mal los.

Auf eurer Platte heißt es: "Als Tarek sagte, wir würden jetzt zu Universal gehören, habe ich zum ersten Mal von Universal gehört. Ein Verse – Universal zerstört! Küss mir den Schwanz!" Seid ihr sicher, dass solche Zeilen die richtige Wahl sind, wenn man am Tropf des Majors hängt und von denen auch großes Werbeengagement plus eine smarte Tournee organisiert bekommen möchte?

Ach, das finanzieren die doch gar nicht. Die Tour ziehen wir selbst auf. Klar machen die promomäßig auch was für uns. Aber man muss gerade die großen Konzerne auch mal in die Schranken weisen.

Warum geht man dann da hin und bleibt nicht gleich independent?

Nö, das geht schon so. Schließlich ist das ja keine Sparkasse oder so. Wir sind künstlerisch schon sehr unabhängig. Das macht wirklich keinen Unterschied für uns.

Soviel geändert hat sich textlich indes nicht. Wird man nicht auch selbst mitunter müde von Zeilen wie "Wenn du schwitzt, kacken deine Poren"?

Nö, das finden wir immer noch total witzig.

Nach dem "Kettensägenmassaker", eurer Visitenkarte, ist es nicht leicht, den Qualitätspegel zu halten. Warum ist das "Hirn"-Album denn nicht ganz so gut wie jenes damals?

Haha, darauf fallen wir nicht herein. Das ist natürlich mindestens so gut. Wir sind auf jeden Fall besser aufgestellt. Gerade die Produktionsqualität ist einfach gestiegen. Wir sind dabei vor allem die britischen Produktionen durchgegangen. Dort fließt in bestimmter Hinsicht einfach mehr Breakbeat und verschiedenes Elektrozeug als in den USA. Das hat definitiv seinen Teil zu der Platte beigetragen. Wobei ich ganz persönlich besonders die Konzeptsongs sehr mag.

Zu Beispiel?

Na, "Lach Mich Tot" ist eine dieser Nummern. Da gibt es einen technoiden Part mit nem Rapbeat. Absolut am Nabel der Zeit.

Birgt das breite Aufstellen nicht auch die Gefahr der Beliebigkeit? Das furchtbarste Lied des Albums ist für mich "Heiraten". Warum machen talentierte junge Männer mit aller künstlerischen Freiheit freiwillig solch autogetunte Gruselmucke im Refrain aus derselben Mottenkiste wie Gaga und Kesha? Ist doch besonders schade, wenn man mit Sil-Yan nen Typen am Start hat, der sogar lässige Jazztupfer in eurem Sound integrieren kann.

Das hat aber einfach gepasst! Muss ich echt so sagen. Klar verstehe ich deinen Kritikeransatz. Du darfst aber nicht vergessen, dass wir beim Komponieren, Arrangieren und Produzieren immer in jeder Sekunde unseren Humor spielen lassen. Sonst ginge das Konzept ja nicht auf. Wie ich schon sagte: Spott über Zeitgeist geht mit unserem Ansatz nur, wenn du auch selbst mit der Umsetzung am Puls der Zeit hängst.

Klingt als würdet ihr alles selbst produzieren.

Nicht so, wie du denkst. Nico schon ziemlich. Aber grundsätzlich überlassen wir das handwerklich gern anderen. Das Album haben wir aber gemeinsam mit einem Abmischer gemixt. Dann geht es währenddessen ja immer hin und her. Da wird diskutiert und arrangiert im Team. Eigentlich kannst du sagen: Das Allermeiste wurde in der gesamten Gruppe entschieden.

Aber zum Beispiel der Maxim und ich sind jetzt nicht die typischen Frickler, die wochenlang an derselben Bassdrumspur herumschrauben. Das machen dann andere Leute. Aber natürlich nach unseren Vorgaben. Wir werden zu allem und jedem gefragt. Wenn uns da was nicht passt, fackeln wir nicht lange. Das wird sofort geändert.

Mit anderen Worten: Wir sind keine Produzenten. Aber wir haben definitiv unseren Teil beigetragen. Man sollte nie zu viel den anderen überlassen, wenn es um die eigene Musik geht.

"Es gibt kein deutsches Ghetto. Wir haben Ghettos hier erfunden." Lasst das mal nicht den Friedmann hören. Darf Satire alles solange die Pointe überragend gut ist?

Ganz klar: Satire darf alles! Punkt! Da sind wir auch radikal. Es gibt nur eine einzige goldene Regel. Die Pointe darf einfach nicht langweilig sein.

Guter Ansatz. Aber immer subjektiv. Wie checkt ihr das denn ab?

Bei den Sachen gucken wir schon sehr genau, dass alle den harten Gag jeweils für sich einzeln vertreten können und wir das geschriebene gemeinsam lustig finden.

Das hat Lars von Trier auch gedacht.

Aber genau solch eine Sache, wie sie ihm gerade passiert ist, wollen wir selbstverständlich vermeiden. Trier wurde erst gefeiert, dann gefeuert. Aber der hat eben auch den Witz verkackt. Es gab ja keine Pointe. So sollte man es nicht machen.

Kein Glück für die Dänen bei Karikaturen und Faschowitzen letzthin. Der gute Lars ist aber wohl eher ein Opfer seiner komplexbeladenen Depressionen.

Man muss schon dazu sagen, was für ein guter Filmemacher der ist, finde ich. Was der mit Dogma gemacht hat, war echt Punkrock. Den Rausschmiss finde ich trotzdem gut. Stell dir vor, wir würden beispielsweise einen anderen Rapper dissen, indem wir sagen "Ich vergas' dich, du Judenschwein!". Da würde mir auch nichts einfallen, so was witzlos Stumpfes zu rechtfertigen. Kann man auch gar nicht.

Kommen wir zu ...

Nein, Moment mal eben, das will ich aber noch genauer wissen. Der Satz mit den Ghettos ist doch geschichtlich nicht falsch. Mir würde gar nicht einfallen, wie man uns daraus nun einen Strick drehen sollte.

Ich denke, gerade deshalb! Obwohl das Statement nicht diskriminiert, gibt es doch immer irgendwelche Generalbedenkenträger, die monieren, man dürfe mit so was keine Scherze treiben und es erst recht nicht zur Berliner Unterschichtenpointe machen.

Achso. Ok. Auch in diesem Fall bleiben wir natürlich bei 'Satire darf alles!'

"Doitschland Schafft Sich Ab" ist erkennbar ein Sarrazin-Statement. Warum mit dem Lied die unseriös geführte Debatte noch verlängern?

Du wirst es nicht glauben. Eigentlich war das eher so eine Schnapsidee. Der Titel mit dem Sarrazin-Bezug kam uns erst später in den Sinn. Das muss man gar nicht so in den Vordergrund stellen. Aber das Verbinden mit der Debatte finden wir lustig. Dadurch wird alles, was im Song passiert doch total offensichtlich doof.

Habt ihr an der Quelle in Neukölln den Eindruck, dass Sarrazins Buch die Fronten zwischen beiden Seiten tatsächlich übel verhärtet hat; auch bei sonst eher moderaten Charakteren?

Nicht unbedingt. Das Buch von Sarrazin ist doch im Ergebnis Ausdruck der Politik, die spätestens mit der Agenda 2010 begonnen hat.

Smartes Statement, Kompliment! Klingt auch geil. Verstehen tu ichs aber nicht. Wie meinst du das?

Ich glaube ganz klar, dass das darin festgelegte Hartz IV die Wurzel allen gesellschaftlich üblen Klimas ist. In erster Linie kein Problem der Kulturen, sondern der Klassengesellschaft. Aber da muss man gar nicht extra nach Neukölln. Sowas hast du in Bremen doch auch. Da bin ich öfter und lasse beim Barbier meinen Bart schneiden.

Ach was? Du kommst extra hier her und hängst dann in Tenever rum wegen eines Barbiers?

Kommt vor. Als ich da auf den Bus gewartet habe, hab' ich sogar vorm Aldi ne krasse Pennerfrauenschlägerei gesehen.

Seid ihr nicht selbst manchmal irritiert, wie sehr ihr mitunter in der Öffentlichkeit missverstanden werdet mit euren doppelbödigen Texten?

Nein, ein Übermaß kann es nicht geben. Das ist ja gerade Teil des Konzepts. Nimm doch jetzt nur mal den "Biergarten Eden". Das wird doch erst dadurch richtig lustig, dass Leute, die sagen 'Ey, ich bin Patriot und liebe mein Vaterland und deshalb kein Nazi!' das Lied dann auch richtig abfeiern. Drüber können wir hier gut lachen. Extrem witzig.

Es gab ein Konzert am langweilig schicken Schlesischen Tor anno 2007. Warum dann nicht gleich dahin gehen, worüber man singt; Berlins Ghettoprovinz?

Ha, 1000 Fans und viel mehr Polizisten. Wir sind dann mit den ganzen Leuten durch die Straßen gerannt und ich hab einen Polizeihut geklaut. Es ging doch darum, etwas in der U-Bahn zu machen, wo es auch technisch möglich ist. Und dazu ist das ganze doch auch als demonstratives Statement zu sehen.

Und zwar?

Die Rückeroberung des öffentlichen Raumes! In den so genannten gentrifizierten und sanierten Gegenden kann und darf man sich doch im öffentlichen Raum als Subjekt nicht mehr aufhalten. Es sei denn, du kaufst ihn. Du kannst dich nicht irgendwo hinsetzen ohne einen Kaffee kaufen zu müssen etc.

So gesehen ist eine Demonstration, wenn ich das jetzt einfach so nennen darf, das 'Nein, mit uns nicht!' doch gerade in solchen Gegenden besonders wichtig. In manch anderen Metropolen wären solch negative Sachen nicht denkbar. In den Pariser Banlieues zum Beispiel gehört den Kids auch die Straße.

Ok, bin absolut überzeugt. Man merkt im Gespräch, wie politisch ihr seid. Was hat es denn mit dem Engagement für 'Die Partei' als Kandidaten für die Berliner Bürgerschaftswahl im Herbst auf sich?

Ja, unter anderem Nico und ich kandidieren hier für den Bezirk Friedrichshain/Prenzlauer Berg Ost. Wir sind dort auf der Landesrangliste der Abgeordneten.

Für uns ist das schon ein großer Sprung. Das ist ja die Sonneborn-Partei. Und wir waren schon immer große Fans der Titanic. Ich mochte dessen Aktionen schon immer. Vor allem, wie die die FDP vorgeführt haben, damals als Möllemann/Westerwelle ihre große Spaßkampagne gefahren sind. Das war toll. Die Satire-Ebene haben wir ja gemeinsam. Da bietet sich so was doch an.

Schlussendlich dann doch gar kein politisches Engagement, sondern schnöde private Selbstverwirklichung?

Wenn du es so formulieren willst. Ja, das ist wohl schon so ein bisschen so.

Immerhin stellt ihr euch gleichwohl für ein öffentliches Mandat auf. Kann ein Text voller Verachtung die rechte Medizin sein? Wie geht das, wenn man mit "Raus aus Dem Amt" pure, triefende Verachtung für das Milieu im Prekariats-Doom übrig hat?

Ach, warum denn? Bei Sarrazin klappt es doch auch. Der ist immer noch in der SPD. Einen erfolglosen Eindruck macht er nicht. Und dessen Texte sind ja auf jeden Fall menschenverachtend.

"Clueso war ein Scheißrapper mit Scheißplatten"

"Fleisch" hingegen ist textlich das Beste, was ihr je gemacht habt. Ist es die alte etwas abgekaute Binsenweisheit, dass der Clown eigentlich doch ein trauriger Pierrot ist?

Das ist bei uns, glaube ich, wohl eher nicht der Ausgangspunkt. Ist das echt häufig so? Na, wir sind immer gut drauf. Ok, jetzt aber nicht im debilen Sinne. Und wenn es mal anders ist, wird eben chemisch nachgeholfen.

Denyo aka Dennis Lisk, Max Herre und andere haben sich zuletzt vom puristischen Ansatz abgewandt und gehen in Richtung Singer-Songwriter. Wichtige Weiterentwicklung oder lieber doch ein guter Rapper sein statt ein lahmer Rabattmarken-Folkie für Arme?

Ja! Danke! Genau so, wie du es sagst, ist es doch. Ich finde das teilweise so krass schlecht, was da angeboten wird. Klar, das sind alles persönlich gesehen sehr nette Leute. Trotzdem: Wir finden das nicht gut. Die können eben nicht krass Gitarre oder Piano spielen. Die können nicht krass singen. Und man sieht ja: Es funktioniert auch nicht. Lisk ist gefloppt. Und das Max Herre-Album finde ich richtig grausam. Auch textlich gesehen ist das richtig gemein!

Wo siehst du denn die Ursachen für den Trend?

Oft bilden sich Hip Hopper ein, damit erwachsen zu werden. Sie schämen sich oft ihrer Kindheit und halten Rap und Hip Hop ab einem gewissen Punkt insgesamt für kindisch. So viele erzählen schon ganz jung, sie können sich nicht vorstellen, mit 30 immer noch zu rappen. Solche Scham ist doch einfach nur krasser Blödsinn.

Verstehe. Wenn die Angesprochenen nun jeweils das Album des Jahres gemacht hätten, also in die Richtung des Songwritergottes Leonard Cohen oder des ersten Rappers Lou Reed, würdet ihr den Wechsel dann akzeptieren oder ist das ein rein dogmatischer Ansatz?

Schön, dass du die Frage so noch mal stellst. Kein Missverständnis bitte. Natürlich ist das kein Dogma bei uns. Wenn das alles super gespielt und komponiert wäre, würden wir uns freuen und das auch kaufen und feiern. Aber so ist das leider nicht. Mir fällt leider gerade überhaupt kein Beispiel bei uns ein, wo das mal befriedigend funktioniert hätte.

Clueso?

Ach gut, ja klar. Der war wirklich ein Scheißrapper. Der hat wirklich Scheißplatten gemacht. Die fand ich richtig kacke. Aber seit er das echte Singen angefangen hat und ganz andere Songwritersachen macht, finde ich den richtig gut. Der hat einfach Zeit gebraucht, sein Ding zu finden. Jetzt hat er es und ist nicht so verkrampft wie die anderen. Ach, mir fällt noch ein gelungenes internationales Beispiel ein. Kennst du die Indieband Black Keys aus Amerika?

Du meinst die tolle Alternative-Blues Kapelle, die teils vergleichbare und bessere Alben gemacht hat als die White Stripes?

Genau die. Super krasser Indierock aus New York. Die haben so vor zwei Jahren ein Album gemacht. Das heißt "Blakroc". Da haben sie ausschließlich mit amerikanischen Rappern kollaboriert. Ein sehr geiles Album. Auf der Website davon kann man sogar einen Dokufilm über die Entstehung sehen.

So kann es eben auch laufen. Die zeigen erst einmal, wie sich beide Seiten annähern und überhaupt kennenlernen müssen. Die Rapper rappen das erste Mal auf ein Schlagzeug, kiffen und chillen mit den weißen Rockern. Das ist sehr, sehr gelungen. Bin gespannt, was allgemein noch so in der Richtung passiert.

"Wir machen keine langweiligen 'Hände-Hoch-Hip Hop-Konzerte'"

Maxim, du bist der French Fry in der Band.

Vorsicht Alter, ich bin der Freedom Fry. Die heißen doch jetzt so.

Ich bilde mir als Musikpapst ja ein, in deiner Phrasierung eine Detailgenauigkeit und sprachmelodische Variabilität zu hören, die nur jene drauf haben, die sowohl das weich-melodische Französisch beherrschen wie hartes Kernseifendeutsch. Warum baust du dieses Talent nicht zur eigenen gesanglichen Entwicklung aus? Wenn es Leute wie du nicht machen, wer dann?

Du meinst, ich sollte singen?

Ich meine, ihr habt wesentlich mehr drauf, als euch möglicherweise bewusst ist. Man hört es doch teilweise für Sekunden zwischendrin auf dem Album. Seien es Sil-Yans Jazztupfer oder anderes. Ihr könntet mehr als euch bewusst ist.

Da müssten wir dann vielleicht mal dran denken. Ich finde das wirklich sehr charmant von dir. Natürlich ist jeder von uns vor allem im Konzept der Gruppe drin. Da schaut man nicht immer nach links und rechts, was noch gehen könnte. Und da K.I.Z. den Rahmen gefunden haben, ist die Richtung natürlich immer grundähnlich. Das möchten wir im Moment aber auch gar nicht verlassen.

Andere machen bei einer solchen Konstellation eine Soloplatte für ganz eigene künstlerische Träume. Ist das bei euch so unwahrscheinlich? Will keiner der neue Delay werden und König Eißfeldt vom Schmalspurthron schubsen?

Es gibt ja schon andere Sachen. Nur eben keine reine Solo-CD. Aber diese Ansätze sind, kreativ gesehen, oft Anstoß und Verlinkung mit Gruppenaktivitäten. Aber okay, eine echte Einzelkarriere ist derzeit nicht geplant. Das mag ja noch kommen. Wir haben ja insgesamt noch viel Zeit, alles mögliche zu machen. Interessant wäre es aber, sich als Band mal vorzunehmen, dass wir ein bierernstes Album machen oder so. Das wär schon eine tolle Irritation für alle.

Ist "Lauf Weg" eigentlich "Neuruppin" Part II? Kommt jetzt die Jeanny-Schiene?

Kann man durchaus so sehen. Ja.

Warum habt ihr bei "Neuruppin" damals die Chance vertan, den Track auf Nachfrage auf Deutschlands fleißigsten aktenkundigen Serienkiller, Carl Großmann, zu beziehen? Wär doch die geilste Publicity für das Lied gewesen? Jetzt sieht das im Nachhinein für eure Verhältnisse recht dösig aus.

Ja, das ist natürlich wirklich schade und etwas dumm gelaufen. Aber wir wussten allesamt nicht, dass der aus Neuruppin war. Wir haben die Stadt ja nur gewählt, weil Neuruppin und New Orleans durch das 'Neu' so stark beisammen sind. Wir haben überhaupt nicht an den Typen gedacht. Und das haben wir einfach auch wahrheitsgemäß gesagt.

Nervt euch dieses provinzielle Szene-Hickhack nicht auch manchmal? Hip Hopper gegen Metaller und vice versa. Wenige begreifen so richtig, dass Kunst Toleranz braucht. Das System freut sich doch immer, wenn alle sich gegenseitig die Fresse polieren und verarschen lassen, statt nebeneinander zu stehen.

Klar gibt es das. Und zwar viel zu viel und zu bierernst. Das kennen wir aber aus eigener Erfahrung so nicht. Bei unseren Gigs – das merkt man sofort – herrscht immer ein guter Konsens. Bei unseren Konzerten sind immer sehr viel Punker und Metaller. Wir spielen ja auch zwischendurch auf Rock- und Metalfestivals. Den Hip Hop-Anteil im Publikum schätze ich so auf 30-40% ein.

Es ist alles immer schön bunt durchgemischt. Da wird dauernd gepogt oder sonst wie ausgerastet. Es ist nie ein langweiliges 'Hände-Hoch-Hip Hop-Konzert'. Und das kommt natürlich daher, dass wir das auch so wollen und pushen.

Dir ist schon klar, dass du gerade von einem 'langweiligen Hip Hop-Konzert' gesprochen hast?

Jaja, aber das ist doch auch so.

Nun seid ihr auf dem Höhepunkt. Es kann nur noch bergab gehen. Was macht ihr denn dann nach der Tour?

(staubtrocken) Ich geh dann deshalb auch erstmal ins Sanatorium.

(Gelächter auf beiden Seiten des Telefons)

Vielleicht wird danach alles etwas feinfühliger. Tarek schreibt schon wie wild. Und dann kommt natürlich noch der menschliche und künstlerische Reifeprozess dazu, den du vorhin angesprochen hast. Ich kämpfe echt dagegen an, erwachsen zu werden. Geb ich zu. Aber irgendwie werden wir hier doch erwachsener – langsam.

Aber insgesamt halten wir uns alle ganz gut gegenseitig am Boden. Keiner denkt, er sei der Krasseste. Natürlich ist die Gruppe die Krasseste weltweit. Aber sonst haben wir immerhin Sinn für die Realität.

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