laut.de-Kritik
"Kein Potenzial – scheißegal!"
Review von Manuel BergerKaffkönig – das sind, um das Mysterium mal als solches zu belassen, Der Sänger und Der Drummer. Ihre Waffen sind Geschrei, Gitarre, Drums und Bier und sie wollen die geballte Faust des kleinen Mannes sein. Klingt erstmal nach viel Tramtram und Image-Plusterei – weiße Klamotten tragen, Kippen schmauchen, den Stinkefinger zeigen und alles mit Augenzwinkern versehen, das können auch andere. Gerne rutscht solch ein Modell ins Peinliche ab. "Das Große Kotzen" entfleucht diesem Loch allerdings bravourös. Die Tracks des vorliegenden Debütalbums sind angenehm unaufdringlich, was den "Beachtet uns!"-Faktor angeht und – kurz gesagt – einfach Hits.
Mit "Helene Forster" liefern Kaffkönig die Hymne für alle, die die Gleichschaltung im Formatradio nicht mehr hören können: "Nicht noch ein Lied das Heilung verspricht / Nicht noch ein schmerzverzerrtes Gesicht / Nicht noch mehr feuchte Augen im Licht / Unser Herzblut kriegst du nicht". Dabei führen sie gleichzeitig vor, wie es besser geht. Der Song ist klar und verständlich strukturiert, alle Bestandteile leicht konsumierbar, bleibt aber dennoch interessant und überraschend. Auf eine entspannte Rock-Strophe folgt der große Alternative Punk-Refrain, für Würze sorgt ein Heavy-Riff kurz vor Schluss.
Überhaupt lassen sich Kaffkönig nicht eine bestimmte Schublade stecken. Es finden sich Anleihen an Rogers, Kraftklub, Beatsteaks, AFI, frühe Bilderbuch und vor allem auch Heisskalt. Gesanglich orientiert sich das Duo eher an Indie-Stilistik, für die Untermalung von Strophen und Refrains fährt es vor allem die Alternative- und Pop-Punk-Schiene.
In instrumentalen Teilen darf es dann gerne auch mal etwas härter zugehen. Vor allem in "Panzer Quartett" langen die beiden Musiker gut hin. Textlich lautet die Devise "Mittelfinger statt Zeigefinger", allerdings agiert Der Sänger dabei nie zu plump. Gelegentlich wirds wie in "Narbenfresse" auch mal eher melancholisch, was der Abwechslung gut tut.
Nie zu kurz kommt die Eingängigkeit, Kaffkönigs größte Stärke. Nach ein, maximal zwei Durchläufen sind die Hooks im Ohr und man erinnert sich an die Stücke. Das gilt ohne Ausnahme für sämtliche zehn Tracks. Einige stechen trotzdem besonders hervor.
Die schwelgerische Halbballade "Narbenfresse" ist mit seinen langgezogenen Vocalbögen im Grunde eine einzige lange Hook. "Volles Maul" überzeugt mit dem Clash von pissigem Punk-Geschrei und sanftmütigem Trösten: "Wenn man es nicht schafft, sich aus dem Dreck zu zieh'n / Lernt man in Anmut still zu steh'n". Im Titeltrack sichert sich Der Sänger einen großen Moment auf der Gitarre: Den Arenarefrain krönt er mit passend raumfüllend angelegter Leadgitarrenmelodie.
"Kein Potenzial – scheißegal", singen Kaffkönig in "Panzer Quartett". Wenn schon nicht von Haus aus vorhanden, baut man sich sein Potenzial eben selbst. Gebt eure Liebe den Käffern dieses Landes, denn wie diese beiden Baden-Württemberger beweisen, entsteht dort weit mehr als Schützenfestpartys mit Bon Jovi-DJs. Kaffkönig funktionieren im ländlichen Stadl bestimmt genauso gut wie im Großstadt-Club. Give it a try. Frohes Kotzen allerseits.
2 Kommentare
Geile Scheibe!!!
Ein kleines Juwel in der aktuellen deutschen Pop & Rock-Landschaft. Gerne mehr davon!