laut.de-Kritik

Kesha hat den Kater überstanden – Zeit für einen neuen.

Review von

2010 stellte sich Kesha als dauerdurstige Party-Pop-Musikantin vor. Die bunte Fassade, die sie selbst als "Garbage-Chick" bezeichnet, täuschte aber nicht darüber hinweg: Kesha hatte Probleme. Auf den gigantischen Erfolg mit dem Debütalbum "Animal" folgte eine Essstörung und ein noch immer andauernder Rechtsstreit mit Dr. Luke. Ihr ehemaliger Produzent soll sie unter anderem vergewaltigt haben.

Die turbulenten Zeiten waren ihr 2017 auf "Rainbow" anzuhören. Die Sängerin zeigte sich von einer Seite, die nur noch wenig mit Bierbong und durchzechten Nächten gemein hatte. Doch auch die dicksten Wolken verziehen sich irgendwann. Mit ihrem vierten Album "High Road" schließt sich nun der Kreis. Kesha kehrt zu ihren Party-Wurzeln zurück, vergisst dabei aber nicht, was sie seit "Tik Tok" erlebt und gelernt hat.

Das Piano-Intro im Opener "Tonight" führt erst einmal auf die falsche Fährte. Nach wenigen Takten bricht der Song auf und ein schwerer Bass schleudert einen auf die Tanzfläche. "Tonight's the best night of our lives / Can you feel it? I can feel it / We got it all, if we're alive / If we're breathing, we're still breathing", singt die 32-Jährige dazu. Der Text klingt wie ein Kampf-Mantra, das sie sich und ihren Fans voller Stolz zuruft. Hebt die Gläser, es geht wieder bergauf.

Sei es nun der Rap in "Honey" oder das Ausreizen des Stimmvolumens in "Raising Hell" – "High Road" überzeugt dank der Interpretin. Die Sängerin spielt mit ihrer Stimme und passt sich jedem Instrumental an wie ein kopfnickendes Chamäleon. Sie hatte hörbar Spaß bei den Aufnahmen. Der Skit vor "Kinky" zeugt von der lockeren Atmosphäre, die im Studio geherrscht haben muss.

Wie schon beim Vorgänger "Rainbow" tritt Kesha als ausführende Produzentin auf. Der Sound reicht von simplen Gitarren-Loops ("Honey") und Akustiknummern ("Cowboy Blues") bis zu Nintendocore-Anleihen ("Birthday Suit") und Country ("Summer"). Was nach Wundertüte klingt, ist trotzdem nur ein simples Synth-Pop-Album mit eingängigen Refrains. Mehr will "High Road" auch nicht.

Zwar durchbrechen ab und an dramatisch anmutende Streicher den Kaugummi-Klang, doch auch der ruhige Mittelteil bestehend aus "Cowboy Blues" und "Resentment" macht deutlich: Kesha fühlt sich wieder wohl. Und sie wird nicht müde, das zu betonen: "So get your shadow out of my sunshine / Out of my blue skies, out of my good times / So get your darkness out of my damn way / I'll be dancing in the rain."

"High Road" beweist, dass die Kesha-Formel nach wie vor funktioniert. Mit den 15 kurzweiligen Songs besinnt sich die Kalifornierin auf alte Stärken, ergänzt diese aber mit den Erfahrungen aus zehn Jahren Musikkarriere. Neue Fans wird sie damit vermutlich nicht gewinnen, alte freuen sich dafür umso mehr.

Trackliste

  1. 1. Tonight
  2. 2. My Own Dance
  3. 3. Raising Hell
  4. 4. High Road
  5. 5. Shadow
  6. 6. Honey
  7. 7. Cowboy Blues
  8. 8. Resentment
  9. 9. Little Bit Of Love
  10. 10. Birthday Suit
  11. 11. Kinky
  12. 12. Potato Song (Cuz I Want To)
  13. 13. BFF
  14. 14. Father Daughter Dance
  15. 15. Chasing Thunder

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