laut.de-Kritik

Die Schnittmenge aus Selig, Muse und Royal Blood.

Review von

Fünf Cent für jedes Mal, wenn jemand in der Vergangenheit etwas wie "die Teenie-Band mit dem albernen Kindergartenschlagzeuger" gesagt hat. Zehn Cent für jedes Mal, wenn jemand den Krusty-Witz "Killerpilze? Ich dachte wegen so was geht man zum Arzt" zitiert. Die Halbig-Brüder und Gitarrist Schlichter hätten "High" ganz sicher nicht über Crowdfunding finanzieren müssen. Sie hätten schlichtweg ausgesorgt.

Stattdessen dürfen sie sich mit den Spätfolgen ihres Erfolges von "Invasion Der Killerpilze" und "Mit Pauken Und Raketen" herumschlagen, über den die Killerpilze bis heute definiert werden. Er hat ihnen zwar eine kleine Fanbase mitgegeben, gleichzeitig klebt das Image an ihnen wie ein paar peinliche Jugendbilder aus dem Internet. Das ganze Programm zwischen dem schlecht sitzenden Konfirmationsanzug und der Kotzorgie auf Gabys Party.

Mit den drei Menschen von heute hat dies nur noch wenig zu tun. Bereits der robuste Vorabtrack "H.E.A.R.T.", atmosphärisch aufgebaut, steht als Versprechen für "High". Ein Versprechen, das - Achtung! Spoiler! - nicht gehalten wird. Staubiger Rock als Schnittmenge aus Selig, Muse und Royal Blood. Ein derbes Riff, dem ein depperter Versuch, einen Bilderbuch-Text zu kopieren, im Weg steht: "Wenn du wüsstest, was ich plane, was ich sagen soll / Damit ich Dich ins Bett, äh, ich meine Deine Nummer kriege." Seufz.

Auch auf der Kehrseite der Medaille können die Killerpilze funktionieren. Die rustikale Trek-Ballade "SchneeSonneSchnee", ruhig und mit Banjo vorgetragen, fängt die Stimmung des Songtitels gelassen ein. "Major Love" macht Laune, auch wenn es zeitweise unangenehm an Peter, Bjorn And Johns Oldie "Young Folks" erinnert. "Mantra" und "Immer Noch Jung" bieten akzeptablen Coldplay-Stadion-Rock mit ganz viel "hey!" und "wohowoh".

Jedem halbwegs gelungenen Song auf dem Bobbes-Album, dessen Ästhetik sich die Killerpilze bei Sigur Rós' "Með Suð Í Eyrum Við Spilum Endalaust" geborgt haben, steht aber auch eine verkorkste Idee oder ein kompletter Rohrkrepierer gegenüber. In "Stadt Voller Frauen" versuchen sie sich als Selig-Light. Textverbrechen wie im aufdringlichen Gassenhauer "High Mit Dir" ziehen einem regelmäßig das Hirn aus der Nase. "Alles gut, hier auf unserem Atemzug / Komm, beam' mich raus aus der Stadt / Oh, ich glaube, du und ich / Wir heben ab." Solche Zeilen muss man erst einmal in aller Ruhe verarbeiten.

Während Johannes Halbig die ganze böse Welt in seine Stimmbänder pressen will und die Töne oft unnatürlich tief und erzwungen rau kommen, bleibt Maximilian Schlichter zu rein und steril, lässt so die eh bereits oberflächlichen Stücke "Festival" und "Hymne" ins Nirwana kippen. Aber auch er bekommt mit dem abschließenden "Trip" einen gelungenen, sich von einer zurückgelehnten Ballade zu energischem Rock steigender Song. Zusammen mit "H.E.A.R.T." und "SchneeSonneSchnee" das Highlight der Platte.

"High" stellt sich nicht mal ansatzweise als so schlimm heraus, wie es der Ruf der Killerpilze vermuten lässt. Leider aber auch nicht so gut, dass es hier für eine Empfehlung reicht. Dafür bleibt der sechste Longplayer zu launenhaft. Die Band mit dem deutschlandweit bescheuertsten Namen schlägt sich aber weitaus besser als vergleichbare Acts wie Revolverheld.

Trackliste

  1. 1. Mantra
  2. 2. Immer Noch Jung
  3. 3. Hymne
  4. 4. Major Love
  5. 5. High Mit Dir
  6. 6. Ruinen
  7. 7. Stadt Voller Frauen
  8. 8. H.E.A.R.T.
  9. 9. Festival
  10. 10. SchneeSonneSchnee
  11. 11. Trip

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Killerpilze

Kaum aufgetaucht, handelt man die Killerpilze bereits als die Erben von Tokio Hotel. Dabei stützt sich der Vergleich weniger auf die musikalische Ausrichtung, …

10 Kommentare mit 6 Antworten