laut.de-Kritik
Zwischen Aufbruchsstimmung und Rückschritt.
Review von Daniel StraubDas letzte Mal, als die slowenischen Konzeptkünstler Laibach deutlich sichtbar in Erscheinung getreten sind, war bei der Veröffentlichung des Soundtracks zur Nazi-Science-Fiction-Komödie "Iron Sky" vor zwei Jahren. Danach ging's ins Studio, wo die Stücke zu ihrem aktuellen Album "Spectre" entstanden, dem ersten seit ihrer kontrovers diskutierten Hymneninterpretationen auf "Volk" 2006.
Zwischendurch war das Künstlerkollektiv in der englischen Hauptstadt zu Gast, wo sein inzwischen mehr als drei Jahrzehnte und zahlreiche Kunstgattungen umfassendes Werk mit einer Live-Performance Würdigung erfuhr. Ort der Huldigung war passenderweise der düster monumentale Backsteinbau der Tate Modern direkt am Ufer der Themse.
Mit "Spectre" richten Laibach ihren Blick nun wieder nach vorne und wenden sich in den zehn Songs des neuen Albums aktuellen politischen Themen und Fragestellungen zu. Musikalisch geht die Entwicklung weiter in Richtung Pop. Die bombastischen Soundlandschaften früherer Tage klingen allenfalls noch als bruchstückhaft eingestreute Zitate an.
"The Whistleblowers" eröffnet den Longplayer mit Military Drums, doch schon nach wenigen Takten zeigen die Slowenen eine bislang allerhöchstens in ihren Coverversionen zu Tage getretene Liebe an der Melodie. Gleich darauf zieht sich die Stimmung mit "No History" und "Eat Liver" spürbar zu. EBM-Beats und harsche Sounds dominieren die Tracks, bis "Americana" den mit viel nachdenklichem Pathos zelebrierten Mittelteil mit "Eurovision" einleitet.
Hier finden sich nicht nur die stärksten, weil eindringlichsten Songs von "Spectre". Es zeigt sich auch, wo die musikalische Zukunft von Laibach liegen könnte. Leider fallen sie im letzten Drittel wieder in ihren klischeehaften Pomp zurück und nehmen ihrem Album so viel von der Aufbruchsstimmung, die sie eigentlich verbreiten möchten.
4 Kommentare
hat der anwalt beim knobeln verloren?
Die Rezension ist ein wenig kurz und wirkt auch ein wenig lustlos geschrieben. Dabei liefern gerade Laibach immer viel Stoff für interessante Artikel.
mir gefällt die rezi sehr gut. sachlich,analytisch,knapp und ohne das übliche geschwafel.
"The Whistleblowers" gefällt sogar meiner Frau. Ob das gut ist, weiß ich auch nicht. Das Pfeifen bleibt auf jeden Fall im Ohr, der Beat gefällt und Milan Fras singt tatsächlich (für seine Verhältnisse). Dazu der Männerchor und fertig ist der vielleicht poppigste Song, den Laibach je gemacht haben. Ansonsten ein sehr gutes Album mit einigen Höhepunkten. Anspieltipps: "No History" (80er Popchanteuse trifft auf Industrial), "Eat Liver" (EBM Dancepop), "Resistance Is Futile" (Orchestraler EBM) und der o.g. Übersong. Wenn man dann noch die Texte auseinandernimmt, hat man ordentlich zu tun.