laut.de-Biographie
Laurel Halo
"Die einzige Konstante ist die Veränderung." Auf kaum eine andere Künstlerin scheint dieser Satz besser zu passen als auf Laurel Halo. Die aus Michigan stammende und später in ihrer Wahlheimat Berlin lebende Soundtüftlerin erschafft mit jedem ihrer Alben ein neues, elektronisches und meist introvertiertes Stück Musik, das, getrieben vom Drang nach Innovation, auf seine ganz eigene Weise originell erscheint.
Diesen freien, künstlerischen Ansatz lernt Halo schon in jungen Jahren in ihrem Elternhaus. Die Mutter betreibt Ikebana, die japanische Kunst des Blumenarrangierens, der Vater ist Maler. Später wird Laurel, die gebürtig Ann Arbor heißt, von dieser Zeit als "eine wirklich wunderschöne Sache" sprechen. Die Kunst, bestimmte Stimmungen heraufzubeschwören, soll wenig später ihr Leben bestimmen.
Als ihre bevorzugte Ausdrucksweise tut sich allerdings die Musik hervor. Zunächst kuratiert sie ihre eigene Radiosendung an der University of Michigan, bald darauf entdeckt sie die schier unerschöpfliche Welt der örtlichen Plattenläden für sich. Zu dieser Zeit nicht das unbedingt gewöhnlichste Hobby einer Frau.
Rückblickend stellt Halo fest: "Ich hatte Angst, in die Läden zu gehen, weil da diese mürrischen Männer hinter der Theke standen und ich nichts über die Musik wusste. Es hat mich mehrere Jahre gekostet, die Angst zu überwinden."
Diese Hartnäckigkeit soll sich schon wenig später bezahlt machen. Nach einiger Zeit in Free Jazz-Ensembles unternimmt Halo erste eigene musikalische Gehversuche. Bereits zu diesem Zeitpunkt zeichnet sich ab, dass sie ein ganz spezielles Gespür für die Mischung von eigentlich divergenten Genres besitzt.
2010 macht sie dann mit ihrer Debüt-EP "King Felix" zum ersten Mal auf sich aufmerksam. Der Shortplayer erscheint auf dem damals gerade aufstrebenden Label Hippos in Tanks, auf dem auch spätere Szenegrößen wie Arca oder Grimes ihre Anfänge nahmen.
Ihren technoiden Ansatz, der Ambient-Sounds genauso wie verspielten Free-Jazz miteinbezieht, entdeckt wenig später die Londoner Elektro-Instanz Hyperdub für sich. Dort erscheint 2012 Halos sperriges Debütalbum "Quarantine", das sich irgendwo zwischen Ambient und Pop verortet. Die Platte behandelt unliebsame Themen wie Traumata, Alleinsein und Klaustrophobie, die sich auch im zerrissenen, fragilen Sound spiegeln. Das Magazin The Wire adelt "Quarantine" zum Jahresende als "Album des Jahres".
Der Nachfolger "Chance Of Rain" folgt nur ein Jahr später. Ausgestattet mit einem vom Vater eigens angefertigten Cover, wird das Album als direkte Reaktion auf die Vorgängerplatte aufgefasst. Wo früher Vocalfetzen dominierten, geben nun unterkühlte Technoinstrumentals die Marschrichtung vor.
In den Folgejahren sucht Halo nach Orientierung und veröffentlicht EPs und Kollaborationen. Nach einer kurzen Residenz am New Yorker Kunstzentrum EMPAC zieht es Laurel nach Berlin. Die deutsche Hauptstadt, die sie bei Besuchen bei Freunden lieben gelernt hat, sei perfekt für einen Tapetenwechsel. Da sowieso die meisten Bookings aus Europa stammen, sei nun auch die Organisation der Gigs schlicht einfacher, so Halo.
Berlin soll dennoch auch als Inspirationsquell ihres dritten Albums auf Hyperdub dienen, nicht zuletzt künden davon Songtitel wie "Arschkriecher" und "Nicht Ohne Risiko". Folgerichtig bricht "Dust", wieder einmal, mit den vom Vorgänger her lieb gewonnenen Hörgewohnheiten. Die meisten Instrumentale sind zwar wärmer und zugänglicher, trotzdem lebt Halos Kunst von gezielten Unterbrechungen und Spielereien. So auch die sechs Tracks ihrer Mini-LP "Raw Silk Uncut Wood", die im Juli 2018 erscheint.
Vielleicht macht gerade dieses Ungewisse Laurel Halos Musik so interessant. Nie beschränkt sie sich auf einen bestimmten Sound, stattdessen sucht sie im Unbekannten nach neuen Ansätzen und Ideen für ihre Musik. Immer und immer wieder.
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