laut.de-Kritik
Maul halten, Männer!
Review von Mathias MöllerWenn man sagen kann, dass die Riot-Grrrrl-Bewegung noch nicht tot ist, so ist dies wohl zu einem großen Teil Le Tigre zu verdanken. Während die Mütter der Szene öfter vor Gericht als im Studio erscheinen, bringt das New Yorker Trio mit ihrem dritten Album das Majordebüt an den Start. Dieser Feminismus hat so wenig mit lästigen Diskursen in muffigen Hörsälen zu tun. Quotierte RednerInnenliste? Maul halten, Männer!
Live haben sich Le Tigre immer wieder als audibler Tropensturm erwiesen, doch obwohl es mit "On The Verge" und dem dem 43. Präsidenten der USA gewidmeten "Seconds" gleich in die vollen geht, gibt es auf "This Island" auch ruhigere Momente. Leider erweisen sich genau diese Stellen als die Durchhänger der Platte. Das sehr poppige "After Dark" und das kantige "Viz" gehen wohl gerade noch durch, aber bei "Tell You Now" macht sich nur noch Langeweile breit.
Blankes Entsetzen bei der trashigen Coverversion "I'm So Excited". War das nötig? Aber "This Island" hält auch Perlen bereit. Das dadaistisch anmutende "Nanny Nanny Boo Boo" oder der Titeltrack rocken, wie man Le Tigre liebt. Die Collage "New Kicks", zusammengestellt aus Reden prominenter Irak-Kriegsgegner, unterstreicht den politischen Anspruch und das künstlerische Element von Le Tigre.
In der Tat können Le Tigre am ehesten überzeugen, wenn sie die Gitarre aufdrehen und die Effekte aus den Geräten hämmern. Dann klingen sie am wütendsten und ehrlichsten. Wenn sie es ruhig angehen lassen wie etwa auch bei "Viz", wirken sie ein wenig leb- und farblos. Oder steckt vielleicht ein System dahinter?
Die Theorie, dass Bands durch den Wechsel zu einem Major-Label korrumpiert und ihre Messages verwässert werden, kann man am Beispiel Le Tigre sicher nicht verifizieren. Die Variabilität ihres Sounds kann sicher auch als künstlerische Entwicklung verstanden werden. Ein bisschen weniger Zurückhaltung hätte dem Album sicherlich gut getan. Aber so lange sie live so entfesselt bleiben, wie sie sind ...
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