laut.de-Kritik

Schwelgt in Erinnerungen an den vergangenen Sommer.

Review von

Den Schweizer Lee Everton in eine Schublade musikalischer Zugehörigkeit zu stecken, das war schon vor zwei Jahren, mit dem Erscheinen seines Debüts "Inner Exile" beinahe ein Ding der Unmöglichkeit. So lässig wie der Multi-Instrumentalist hatte vor ihm lange keiner mehr Reggae mit Singer/Songwriter-Elementen und nachdenkliche Melancholie mit entspannten karibischen Klängen zusammen geworfen.

"Sing A Song For Me" gerät zu keinem Zeitpunkt einseitiger, ganz im Gegenteil: Vergleiche mit der Stimme Van Morrisons passen immer noch wie die Faust aufs Auge, auch an Bob Dylan erinnert der Schweizer ab und an. Doch Everton kramt diesmal noch tiefer in der Plattenkiste und entdeckt dabei wohl auch die Beach Boys wieder, ihre Harmonien und die "Good Vibrations". Die Melancholie ist zwar noch vorhanden, aber etwas hinter der sommerlichen Entspanntheit zurückgetreten, die Songs klingen teilweise rockiger.

Die erste Single "Don't Make It Too Hard" liefert dank der verzerrten E-Gitarre und Einsatz der Hammond-Orgel den besten Beweis dafür – eines der gelungensten Stücke des Albums, das zugleich auch die Unterschiede zum Vorgänger verdeutlicht: Der Sound ist voller, musikalische Ideen werden unter Einsatz einer breiteren Instrumentierung umgesetzt, ohne dass Everton dabei die Liebe zum Detail verloren ginge.

Die Zutaten, mit dem der Schweizer unsere Träume vertont, sind dabei oft die gleichen geblieben: Entspannte Off-Beats, dezent eingesetzte Bläser und karibische Rhythmen auf den Perkussions-Instrumenten. Dass Everton dabei auch an den üblich-verdächtigen, gutgelaunten Surfer Jack Johnson erinnert, liegt auf der Hand. Dank dem Schuss Funk, der Songs wie "I Got To Keep On Moving" innewohnt, läuft man hier allerdings niemals Gefahr, einzuschlafen. Allerhöchstens die Lässigkeit, mit denen Everton große Themen wie Liebe und Trennung in seinen Texten verpackt, erinnert an Johnson.

Einen Tom Waits-Song kann man sich in diesem musikalischen Kontext vielleicht schwer vorstellen, doch Everton meistert selbst diese Bürde mit Bravour – weil er mit "Anywhere I Lay My Head" nicht versucht, dem Original das Wasser zu reichen, sondern in seinem ganz eigenen Stil dem Sänger Tribut zollt. "A Little Light" erinnert in bester Dylan-Manier an alte Folk-Songs, "Cry For Me" dagegen an klassischen Reggae-Sound.

Dass man vieles auf "Sing A Song For Me" so oder so ähnlich schon mal gehört hat, trübt den Gesamteindruck kaum. Die Tatsache, dass manches dem Debüt-Album ähnelt, auch nicht. Viel mehr überwiegt am Ende die Freude, jemanden gefunden zu haben, der einen gut durch den Winter bringt, indem er mit einem in Nostalgie und den schönsten Erinnerungen des vergangenen Sommers schwelgt. Denn Sommer, das ist was in Lee Evertons Kopf passiert. Und vielleicht auch bald in deinem.

Trackliste

  1. 1. Don't Make It Too Hard
  2. 2. Little Light
  3. 3. If Not For You
  4. 4. I Want To Hold On
  5. 5. Cry for Me
  6. 6. I Got To Keep On Moving
  7. 7. Anywhere I Lay My Head
  8. 8. You've Still Got A Hold On Me
  9. 9. I Need You Tonight
  10. 10. Count On Me
  11. 11. Lullaby

Preisvergleich

Shop Titel Preis Porto Gesamt
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Lee Everton – Sing a Song for Me €224,02 Frei €227,02

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Lee Everton

Der Gedanke, die Wurzeln des warmen, satt tönenden Singer/Songwriter-Reggaes, dem Lee Everton das Etikett Slingstyle verpasst, könnten ausgerechnet …

2 Kommentare