laut.de-Kritik
Da ist Potential für eigene Wege abseits des ESC-Hypes.
Review von Luca WisnagrotzkyPuh. Levina also. Gewinnerin des ESC-Vorentscheids "Unser Song 2017" und Deutschlands leise Zuversicht, beim alljährlichen Eurovision Song Contest diesmal keinen 'Walk of Shame' hinzulegen. Wir erinnern uns vage an das Manga-Girl Jamie-Lee und - die anderen Namen habe ich schon wieder vergessen. Nun gut. Isabella Levina Lueen beschenkt uns mit ihrem nicht so unerwartetem Debüt-Album "Unexpected".
Vielleicht ist dieses Jahr mit dem seichten und austauschbaren David Guetta ft. Sia-Abklatsch "Perfect Life" mal etwas mehr drin als der letzte Platz. Singen kann Levina auf jeden Fall, keine Frage, sie hat eine wirklich schöne Stimme und beherrscht sämtliche Tonhöhen. Auch dass sie von Kindesbeinen an Musik macht und aufgrund eines Studiums in Gesang, Komposition und Musikmanagement kein unbeschriebenes Blatt im Business ist, lässt zarte Keime der Hoffnung sprießen.
Das zerbrechliche Saatgut wird dann doch schnell zertrampelt vom Stiefel der gestriegelten, immergleichen Überproduktion. Über den ESC-Song "Perfect Life" aus der Feder von Lindy Robbins (Backstreet Boys, Jason Derulo, Selena Gomez) müssen wir uns gar nicht erst unterhalten. Auch "Wildfire" geht hier rein und da raus, einzig die kitschigen 80s-Revival-Drums stechen ein wenig hervor.
Aber: Es ist tatsächlich nicht alles schlecht. Der Opener "The Current" fängt mit einem leisen und verhaltenen Klavier an, und ergießt sich in einen doch ganz netten Refrain. Ich möchte hier keine Ohrwurm-Garantie anmaßen, aber spätestens nach dem zweiten Hören erwischt man sich mitwippend zu den Zeilen "I get so electrified, carried by the current, carried by the current".
Auch der folgende Track "Echo" regt zum "In my head I hear you echo, echooo"-Mitsingen an. Der Refrain wird von 'Oh-Ho-Ho-Ohs' begleitet, aber so schlimm wie bei Max Giesinger und Konsorten klingt es nicht. Textlich ist die Platte sehr schwach, aber was will man erwarten, wirkte Levina doch nur an vier Texten der insgesamt zwölf Songs (ohne den Madizin-Mix) mit.
Probleme in weltlichen Situationen kommen im Track "Ordinary People" zur Ansprache. Levina möchte einfach nur, dass wir alle Menschen sind: "Let's pretend we're human for a day, ordinary people for a change", später singt sie überzeugt "But there's a kind of beauty that money just can't buy". Naja, ist ganz süß, den Versuch ist es wert. Die dramatischen Streicher am Ende hätte man durchaus weglassen können. Aber so ist das im Pop-Business. Die Dramaturgie kommt nicht vollends rüber? Hauen wir ein paar Streichinstrumente drauf.
Unbedingt hervorzuheben ist "Stop Right There". Begleitet von rhythmischem Klatschen hat das Ding wirklich Flow und sorgt für gute Laune. Wäre das doch nur der ESC-Song. Ebenfalls birgt der letzte Track der Platte, "Nothing At All", eine positive Überraschung. Diesen hat Levina tatsächlich selbst geschrieben und für die Melodien gesorgt. Gekleidet in ein elektronisches Grundgerüst hört sich der Titel ganz anders als der Rest an, amerikanisch und sehr smooth, das hat Potential.
Es drängt sich die Frage auf, wie die Sängerin wohl ohne Kommerz und lieblose Überproduktion klingen würde. Wohl um Längen besser. Eigene Sachen sind ihr durchaus zuzutrauen. Mal sehen, was sich im weiteren Weg des Stimmwunders ergibt.
2 Kommentare
Ist das eine von den Wollnys? Blicke da nicht mehr durch.
Hier ist wieder euer unerwünschter, unmenschlicher, gehirnamputierter Spammer... und ich habe zu dem Album nichts zu sagen, da ich es nicht kennen. Servus.