laut.de-Biographie
Light Asylum
"New Wave und Gothic, das ist doch alles völlig tot und uninteressant", ätzt George Glück vor breitem Publikum im deutschen Privatfernsehen. Der Mann irrt beträchtlich.
Trotz massenhafter Klischeeorgien, weit verbreiteter Einfallslosigkeit in der deutschen Gothlandschaft und massiven handwerklichen Mängeln, erfreut sich der New Wave-Spirit seit 2010 einer zunehmenden internationalen Gesundung. Einen der frischesten Impulse liefert das Duo Light Asylum aus dem Big Apple.
Shannon Funchess und Bruno Coviello lauten die Namen der beiden Wahnsinnigen, die zu zweit antreten, die wohlgeordnete Musikwelt aus den Angeln zu heben. Als Teil einer Generationen von Nachgeborenen haben sie den Postpunk nie bewusst in seiner gloriosen Hochzeit erlebt. Doch das ist kein Handicap für die charismatischen New Yorker. Im Gegenteil.
Mit frischem, dabei gänzlich unverstellten Blick schnappen sich die Brooklyner das ganze Gothenbüffet und schütteln es durch wie eine Schneekugel. Genregrenzen sind aus ihrer Sicht etwas für Minderbemittelte. Entsprechend müssen alle grantelnden Oldschool-Waver für das selbstbetitelte 2012er Longplay-Debüt auch den eigenen Tunnelblick freisprengen. Light Asylum entpuppen sich nämlich als höchst einzigartig.
Zwischen John Foxx (begnadeter Ultravox-Gründer, bevor Kommerzpate Midge Ure kam, sah und siegte), der Darkroom-Seite von Funkadelic, ganz frühen New Order und einer Prise Gothenfunk à la Bauhaus machen die beiden es sich zwischen allen Stühlen bequem. Getragen von der wilden, gänzlich ungezähmten Energie Shannons, eröffnen sie der nur allzu gern im eigenen Saft schmorenden Szene ein komplett neues Sounduniversum.
Shannon zieht mit ihrem pantherhaften Charisma fast alle Aufmerksamkeit auf sich. Es mögen einem Äußerlichkeiten noch so unwichtig sein. Die erste farbige Frontfrau und Komponistin im Darkwave ist geboren. Zeit wurde es allemal.
Mit einer Wildheit irgendwo zwischen der frühen Grace Jones und einem Werwolf gesegnet, die das vorhandene musikalische Talent geradezu hervorhebt, wird jedes Studio ihre Bühne, wird jede Show ihr Triumph. Allein die Miles Davis-artige Präsenz ihrer Augen reicht live mitunter, jeden Anwesenden in den dunklen Bann zu schlagen. Afro-American-Gothic!
Besonders Deutschland hilft 2011 bei der eigenen Identitätsfindung und dem pfeilschnellen musikalischen Reifeprozess. Mal wieder ist es die alte Stinkeschlampe Berlin, die mit morbiden Bildern aus der existentialistischen Vergangenheit (von Fritz Lang bis Bowie) lockt. Für ein halbes Jahr bleiben sie gern und verlieben sich in die Spree-Metrople.
"Berlin ist so etwas, wie die kleine Schwester von Brooklyn. Wir werden unser aktuelles Hauptquartier im August 2012 auch wieder Richtung Berlin verlagern, während wir in Europa auf Festivals unterwegs sind. Dafür hatten wir einfach eine zu gute Zeit letzten Sommer."
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