laut.de-Kritik

Dicke Bässe, treibende Rhythmen und Elektro-Klänge.

Review von

Namensänderungen künden wie Umbesetzungen in bewährten Crews selten von Verbesserung. Die als "jetzt noch zarter" angepriesene Schokolade schmeckt nicht mehr. Eine ganze Generation bereits wuchs in Unkenntnis darüber heran, wie ein ordentliches grünes Gummibärchen auszusehen hat. Wenn jetzt Looptroop plötzlich mit dem expliziten Zusatz "Rockers", dafür aber ohne CosM.I.C. antreten, verheißt das nichts Gutes.

Die Zweifel währen genau so lange, wie es dauert, die Platte aus der Verpackung in den Player zu befördern. "Press 'Play' and get carried away." Einmal mehr demonstriert die schwedische Combo erfreuliche, weil leider gar nicht selbstverständliche musikalische Individualität. Verzweifeltes Nachbasteln von Ami-Beats war EmBees Sache noch nie. Er kocht, ausgestattet mit einem exzellentem Gespür für Melodien, aus dicken Bässen, treibenden Rhythmen und Elektro-Klängen sein ganz eigenes Süppchen.

Gitarre und Piano finden in seiner angenehm ins Ohr gehenden Mixtur ebenso Verwendung wie blechern scheppernde, stechende Klänge. "Naïve" bringt die Tanzbodentauglichkeit von Synthiepop-Nummern aus den 80ern mit. "Rome" peitscht mit einer Rührtrommel, die jedem Marsch bestens akzentuierte, entschlossen und unaufhaltsam voran.

In "Living On A Prayer" vollführt EmBee das Kunststück, einen Hit aus dem Repertoire (Obacht!) Bon Jovis (Noch mal Obacht!) vollkommen von seinen Rock-Elementen zu befreien: Die Eier muss man erst einmal haben. Übrig bleibt ein reduzierter, minimalistisch anmutender Track, der in seiner Klarheit geradezu hypnotische Wirkung entfaltet.

Ob abgehackt oder fließend, nachdenklich oder von leiser Traurigkeit durchzogen: EmBee kreiert mit seinen Kompositionen den gewohnt gehaltvollen Zeiten seiner Mitstreiter stets das passende Bett. Promoe und Supreme rattern, ohne ein einziges Mal zu straucheln, mit den Bassschlägen um die Wette und legen Herzblut und Engagement in ihre unmissverständlichen Statements für die Freiheit des Einzelnen.

So wird in "Blood & Urine" gegen den Überwachungsstaat Stellung bezogen, Intoleranz und Gängelei verdammt. "You're now rockin' with the best, yo!" Mit "Trance Fat" schwingen sich die Herren Supreme und Promoe am Mikrofon, verstärkt von Rakka aus den Reihen der Dilated Peoples, zu Lotsen für den Weg in die Unabhängigkeit auf, die dem biblischen Moses Konkurrenz machen könnten.

"They don't wanna see more pople like you and me." Gut möglich, dass die Fraktion, der der Wind der Kritik harsch ins Gesicht bläst, angesichts dessen an ihren Freedom Fries schwer zu schlucken hat. "Remember my name, never giving up." Die Beharrlichkeit, mit der sich die Looptroop Rockers gängigen Klischees verweigern und ihre Überzeugungen predigen, setzt einen deutlichen Kontrapunkt in die zu häufig von hohlen Phrasen dominierte Hip Hop-Landschaft.

Zudem legen die Herren ein Händchen für funktionierende Hooklines an den Tag. Orientalisch inspirierter Gesang ("Al Mazika") oder eine Spur Ragga-Toasting ("Ginger & Lemon"): Was die Schweden auftischen, flutscht ins Gehör und richtet sich dort häuslich ein. CosM.I.C. ist auch nicht völlig abhanden gekommen, sondern schaut auf einen Gastauftritt herein.

"Puzzle" sorgt mit rückblickendem Sinnieren für den getragenen Ausklang. War es früher wirklich besser?
Solches bleibt fraglich, fest steht aber: "Looptroop often imitated, never duplicated." Die Kombination aus Moral ohne erhobenen Zeigefinger, aus, obwohl der Ernst der Lage erkannt wurde, ungebrochener Zuversicht und der Fähigkeit, überdies derbe zu rocken, bleibt 2008 weitgehend beispiellos. Der Gesamteindruck? Steht ja schon drauf: "Good Things".

Trackliste

  1. 1. Family First
  2. 2. The Building
  3. 3. Marinate
  4. 4. Stains
  5. 5. Living On A Prayer
  6. 6. Rome
  7. 7. Ginger & Lemon
  8. 8. Naïve
  9. 9. Al Mazika
  10. 10. Blood & Urine
  11. 11. Trance Fat
  12. 12. The Busyness
  13. 13. Puzzle

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