laut.de-Kritik

Spagat zwischen hymnenhaften Melodien und brachialen Rock-Riffs.

Review von

In Iron Maiden-Frontmann Bruce Dickinsons Radiosendung aufzutreten, kommt durchaus einer Adelung gleich. So geschehen bei Steven Battelle (Gesang, Gitarre), Mark Gibson (Schlagzeug, Gesang) und Tom Kitchen (Bass, Gesang) alias LostAlone, die in Dickinsons BBC Radio 6 Rock Show gastierten und von diesem mächtig gepusht wurden. Doch auch deutsche Musikmedien haben die drei Briten bereits für sich entdeckt - allen voran Markus Kafka, der das Trio zum Ramones-Lookalike erhob.

Eine gewisse Punkrockattitüde kann man, was den Sound der drei Herren aus Darby angeht, nicht von der Hand weisen. Die Gitarren schrammeln hier und da heftig ("Music And Warm Bodys", "Genevieve"), um im nächsten Moment in hymnenhaften Melodien aufzugehen. Die Briten wandeln spielend zwischen Alternative, Rock und Emo - ab und an etwas Pop in Gesang und Instrumentalparts eingestreut, ergeben den höchst individuellen, besonderen LostAlone-Sound.

Sänger Battelle sagte einmal: "Ich finde musikalischen Snobismus beschränkt. Mich interessiert die Melodie und nicht ein bestimmtes Genre". So gesehen ist das Debüt "Say No To The World", mit all seinen musikalischen Stilausflügen, die Quintessenz dieses Zitats. Konstant sind die großen Melodien und die eingängigen Hooks. Die Instrumentalparts variieren und bewegen sich zwischen harten Rock-Riffs und leidenschaftlichem Emo-Gesang.

Frontmann Battelle singt über die Einzelgänger, die Außenseiter, über vergeudete Hoffnungen, die Suche nach dem Selbst und die Gefühle des Verlorenseins. Doch seine Texte verlieren sich nicht in bloßem Pessimismus, sie versuchen stets auch die positiven Seiten des Lebens zu beleuchten und weisen Vielschichtigkeit und emotionale Tiefe auf. In "Unleash The Sands of All Time", der zweiten Singleauskopplung, wird dies besonders deutlich. Verzweifelte anmutende Vocals treffen auf theatralische Lyrics und doch beinhalten Instrumente und Hooks viel Kraft, Stärke und Selbstsicherheit.

Ab und an klingen auch leisere Töne an, etwa in "Ethereal", das den Fokus auf ruhige Gitarrensoli legt oder in "The Star Chorus", einem sehr gesangsdominierten Track, der sich langsam aufbaut und gegen Ende volles Rockpotential entfaltet. Mit "Standing On The Ruins Of A Beautiful Empire" legen LostAlone ein fulminantes, fast schon epos-artiges Ende hin. Der knapp zehnminütige Song variiert zwischen ruhigem, harmonischem Chorus-Gesang sowie rohen, harten Riffs und rundet das Album mit brachialem Gitarren-Outro ab.

Auch wenn einzelne Songs oder Gesangsparts leicht kitschig bzw. überladen wirken ("Lost Alone", "Predators In A Maze") und deshalb, wie auch das Cover, etwas herausfallen, ist "Say No To The World" insgesamt doch eine recht runde Platte. Mit ihrem musikalischen Spagat überraschen die Briten immer wieder. Mit ausgeklügelten Arrangements und viel Liebe zum Detail haben Battelle, Gibson und Kitchen ein einfühlsames und vor allem buntes Debüt geschaffen, das eine breite Zuhörerschaft finden sollte.

Trackliste

  1. 1. Elysium
  2. 2. Unleash The Sands Of All Time
  3. 3. Silence
  4. 4. Music And Warm Bodies
  5. 5. Ethereal
  6. 6. Genevieve
  7. 7. Blood Is Sharp
  8. 8. Lost Alone
  9. 9. Predators In A Maze
  10. 10. Awol Sunkissed
  11. 11. Our Bodies Will Never Be Found
  12. 12. The Star Chorus
  13. 13. Standing On The Ruins Of A Beautiful Empire

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