laut.de-Kritik
Starkes Comeback nach sechs Jahren Pause.
Review von Stefan Johannesberg"Er kam die Straße runter, parkte vorm Sportartikelfachgeschäft (Rudi Kargus Fanshop an der Grindel übrigens, Digger) / Er parkte immer da, schon immer da / Mit seiner alten Kiste / Er war allein, weil es jemand gab, der sich verpisste."
Da ist sie wieder, diese bodenständige "Unten am Hafen"-Melancholie vom Kumpel von nebenan. Die fast eklig Ego-lose Ehrlichkeit, die Lindenberg, Westernhagen oder Kunze auch in Anfangstagen nie besaßen, die alle drei bei aller Anbiederei an den Arbeiter immer mehr Popstar, immer mehr Avantgarde oder Akademiker waren als ein Klaus Lage, Achim Reichel oder eben noch viel mehr als Lotto King Karl. Trotz manch aufgeblasener Millionärsfantasien und arg prolliger Slogans zu Beginn seiner Karriere tanzt der Hanseat mit großartigem Storytelling und Liedermacher-Skills seit seinem Debüt auch auf Hochzeiten südlich von Hamburg.
Mit der anfangs zitierten Power-Ballade "Heimat" gelingt ihm wieder einmal ein zeitloses Kleinod mit Zeilen für die Ewigkeit: "Heimat ist, wenn du trotzdem glücklich bist" oder "Er war allein, weil es jemand gab, den er vermisste". Liedermacher-Punchlines galore, einfach, klar und mit viel Tiefe wie Norddeutschland.
"Und am Hans-Albers-Platz liegt Joey-Ein-Wort-Satz / Denn bei Eier Carl gibt es mit Frühstück mit Korn." Das "Bild Von Dir" malt ohne Pinsel wunderbare Bilder vom Glück ins Unglück der Realität, ein unpeinlicher Pop-Song mit fast britischer, schmissiger Leichtigkeit. "360" schließt sich mit Banjo-Einschlag an diesen hymnenhaften Reigen an.
"Dieses Leben" schmeichelte sich fast zuckersüß ins Ohr, wäre da eben nicht die knarzig-raue, fast krächzende Stimme vom König, die immer so klingt wie am Stammtisch der Eckkneipe. "Die Welt Ist Bunt" feiert mit Four-to-the-Floor-Rhythmus die weltoffene Heimatstadt an der Elbe. Rum hart, klaar kiming on my mind.
Die erste Hälfte fließt so schnell wie ein Sixpack Hopihalidos mit Brause die Kehle runter. Das ist ja wie Fliegen, möchte man jauchzen. In der zweiten Hälfte dagegen schwächelt er wie sein HSV, musikalisch und lyrisch. "Ole" und "Nichts So Schön Wie Hier" freuen sich ein wenig zu sehr am eigenen Lokalpatriotismus, so dass sich die eben noch hochgelobte Authentizität ins limitierte, identitäre Gegenteil verdreht, auch wenn noch Killerverse wie "Du bist nicht alt, doch der Alte bist trotzdem nicht mehr" abfallen.
Das obligatorische "Fußball und Dosenbier"-Lied "Im Himmel Gibt Es Keinen Alkohol" röhrt und quält sich in Hans-Albers-Manier aus den Boxen. Das "Schnell Brennende Mädchen" macht lieber Party, statt "im Dorfkrug zu meiern", "Lass Mich In Ruhe" diggt tief im Blues, und mit dem Klamauk "Elvis Lebt In Bielefeld" sowie der Schlager-Verarsche "Stephanie Nie" holt Lotto auch die obligatorischen Totalausfälle aus dem Studiosperrmüll.
"Ich Liebe Nirgendwo Richtig" drängelt sich dagegen als astreines Elektro-Indie-Kraftklub-Gedöns zum Ende nach vorne, und Lotto schließt das Album mit der leisen countryesken Hymne für den verstorbenen "Hermann" Rieger, dem einstigen Kult-Masseur des HSV, ab.
Selbst der ignoranteste Bayern-Fan fühlt den Verlust und die Erinnerung. "Hermann, ich möchte Dich noch einmal rennen sehen / Mit dem Koffer übern Platz." Auch dieses nachdenkliche Finale ist eine alte Tradition von Lotto und steht Gänsehaut-Outros wie "Deine Nähe" oder "Wir Sehn' Uns Oben" in nichts nach. Starkes Comeback nach sechs Jahren Pause.
2 Kommentare mit 10 Antworten
5/5 klarer Fall
Mist, Mist, Mist! Zu dem hab ich ne tolle Anekdote zu zwei Begegnungen an einem Tag, kann sie hier aber leider nicht bringen aus nem rechtlichen Grund
Tja, stumpf ist Trumpf, doch manchmal echt nicht gesund...
Dann tease das doch nicht erst an xD.
Erzähl schon, bleibt unter uns.
soulburn
Vor 6 Jahren
Vor vielen, vielen Jahren war ich mal zu Gast in Bremen. Auf der sonntäglichen Heimfahrt sah ich aus dem Auto heraus, wie in einer Seitengasse jemand gegen eine Telefonzelle urinierte. Ich kurbelte die Scheibe runter und schrie: "He, das ist doch Lotto King Karl, wie er gegen eine Telefonzelle pinkelt!". Die Gestalt in schwerer Ledermontur, Sonnenbrille und 50ies-Tolle drehte sich in meine Richtung (natürlich ohne weg zu stecken...) und zeigte mir den Mittelfinger.
Später auf der Autobahn Richtung Hamburg drängte uns ein schwarzer Benz von der linken auf die mittlere Spur. Auf dem Beifahrersitz: Lotto King Karl in schwarzem Leder, wie er mir nochmals den Stinkefinger zeigt... Meine Empörung wurde immer wieder auch von Stolz durchzogen. Der erste Medienstar, der mich hasste! In diesem Moment wusste ich irgendwie bereits, dass es nicht der einzige bleiben sollte... Ich verweise auf die Rezension zum letzten Album. Ist ja ein toller rechtlicher Grund wenn jeder es da seit 6 Jahren finden kann.
BUSTED!
Hilft wahrscheinlich nix, wenn ich jetzt sag, dass sich der 11'er soulburn auf den '01er soulburn bezieht, während ich mich auf den von '12-'15 beziehe?
Wo ist denn nun der rechtliche Grund?
Wo ist deine Auffassungsgabe? Wo sind deine Englischkenntnisse? Wo ist diese uneitle Art, dummen Scheiß mal als solchen stehen zu lassen anstatt derlei Dreck konsequent auch dann zu dementieren, wenn er im RL angeblich gar nicht auf dich und deinen Lebensstil zutrifft? Heute mal keine Zeltdisco in den idyllischen Vororten von Bonn, hm? Danke.
Keine Ahnung was Du da laberst, war einfach nur ne Frage. Komm bitte klar und saug mich nicht mehr so dämlich an. Danke.
Lauti rafft es einfach nicht. Hihi.
Ach, Mensch... Na gut, spielen wir halt "Softly explained Saturday"
Ursprünglich wollte ich einfach nur schon seit ewig langer Zeit mal behaupten, irgendwas aus nem rechtlichen Grund nicht bringen zu können.
a) als wirkliche stumpfe, weil zum gebrachten Zeitpunkt unnötige und letztlich wirkungslose Ausrede in einer völlig unpassenden Situation
und
b) als Referenz zum Dendemann-Track, weil ich sehr gerne popkulturelle Referenzen in sozialer Interaktion jeder Art verstecke.
Tatsächlich hatte ich aber vergessen, dass ich diese Anekdote hier schon mal gebracht habe, und mit dem Inspektor haben wir eben einen der wenigen user, die wirklich noch zu ihrem Accountnamen aufleben (lupenreine Aufklärungsarbeit, Beförderung steht aus!), in unseren Reihen. Ausgerechnet!
Und Loddo, der (vielleicht) damals (u.U. inspiriert vom sog. "Rüpelprinzen") gegen eine Telefonzelle urinierte, bin ich zwischen '12 und '15 tatsächlich noch einige Male im Großraum HH/HB übern Weg gelaufen. Wir haben aber nicht mehr über den Vorfall gesprochen, da wir uns nicht kennen und uns auf den entsprechenden "Parteys" auch niemand miteinander bekannt machte.
Aber um das nochmal für alle klarzustellen: Speziell vom Loddo liegt derzeit keine einstweilige Verfügung o.ä. gegen mich vor. Ich ließ nur kurz den Spirit des Universums alternativer Fakten durch unser Forum wehen.
Der "rechtliche Grund", lieber lauti, ist also dort, wo auch deine Auffassungsgabe, deine Englischkenntnisse und die oben sehr euphemistisch von mir beschriebene gemäßigte Reaktanz deinerseits zu finden sind...
tl;dr
Tja, stumpf ist Trumpf, doch manchmal echt nicht gesund...
Aight, bin wieder down mit dem Doc.