laut.de-Kritik

Mit Ungeduld aufs Schwedenpop-Podest.

Review von

Ungewöhnlich viel Charakterstudie liegt dem Debüt dieses upcoming Indiepop-Darlings bei. Über 10.000 Zeichen widmet Warners Pressetext Werdegang und Persönlichkeit seines jungen Schützlings aus Schweden. Wir erfahren, dass Lykke Li schon früh weite Teile der Welt bereist hat, von Autonomiestreben und Ungeduld getrieben und immer schon "anders" gewesen ist.

Sie wolle ein direktes, intensives und persönliches Gefühl schaffen, sagt sie selber, und dass sie eigentlich ziemlich schüchtern sei. "Wenn du tanzt, befreist du deine Gefühle und sagst Dinge, für die es keine Worte gibt. Du würdest nie glauben, wie schüchtern ich bin, wenn du einmal gesehen hast, wie ich tanze."

Recht hat sie. Wer Frau Zachrisson vor kurzem auf den Haldern Pop Festival gesehen hat, musste aus der Performance auf eine extrem extravertierte Künstlerpersönlichkeit schließen. Ohne unnötige Hemmungen tanzte der Anfangzwanziger drauflos, sprach das Publikum immer wieder direkt an, kurzum: Schüchtern geht anders.

Auf CD hingegen bestätigt sich die Selbstanalyse. Mit quirliger Mädchen-Niedlichkeit trägt Lykke Li ihre Idee von moderner Popmusik vor, die eigentlich gar keine Videoclips bräuchte, um Bilder von großen Kulleraugen wachzurufen.

"Modern" sei hierbei verstanden als durchaus Synthesizer- wie experimentier-affin (Cembalo, Theremin, Pauken und Trompeten sind zu hören), und "mädchenhaft" im Sinne einer entzückenden kleinen Soufflier-Stimme, deren Präsenz von Producer und Co-Autor Björn Yttling durch Hall geschickt vervielfältigt wird. Live kommt dann das Megafon zum Einsatz.

Dass Yttling in der Hauptsache als Mitglied von Peter, Bjorn And John bekannt ist, passt perfekt ins Bild der so typisch schwedischen Harmonien. Zudem gleicht Lykke Lis Timbre dem von Landsfrau Sarah Assbring alias El Perro Del Mar oft wie ein Ei dem anderen. Die Songs geraten indes deutlich kommerzieller, was aber nicht als Abwertung missverstanden werden soll.

Die Youth Novels erobern nicht bloß augenblicklich das Kurzzeitgedächtnis, sie bleiben dank ihrer Vielgestaltigkeit auch lange im Ohr. Nokturne Träumereien à la Bat For Lashes ("Hanging High"), gewichtsloser Twee-Pop ("Dance, Dance, Dance") und rüstige Uptempo-Hittigkeit ("Breaking It Up") - vieles scheint möglich, weil Lykke Lis Zuckergesang den großen gemeinsamen Nenner stellt. Da drückt man gerne auch ein drittes, viertes, fünftes Mal auf Repeat.

Trackliste

  1. 1. Melodies & Desires
  2. 2. Dance, Dance, Dance
  3. 3. I'm Good, I'm Gone
  4. 4. Let It Fall
  5. 5. My Love
  6. 6. Tonight
  7. 7. Little Bit
  8. 8. Hanging High
  9. 9. This Trumpet In My Head
  10. 10. Complaint Department
  11. 11. Breaking It Up
  12. 12. Everybody But Me
  13. 13. Time Flies
  14. 14. Window Blues

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