laut.de-Kritik

Psych-Punk und Noise-Rock mit phallischer Attitude.

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Im März 2008 spielten mehrere amerikanische Indie-Bands im Berliner Postbahnhof bei einem Festival mit Namen "Maximum Black", weil ein österreichischer Stromversorger für seine Imagekampagne ohne Einverständniserklärung einen Song von Final Fantasy verwendet hatte. Klingt komisch, war aber so.

Bevor Owen Palett und Deerhoof auf die Bühne kamen, spielte Ben Chasny mit seinem Psy-Folk-Projekt Six Organs Of Admittance. Die eigentliche Attraktion bei diesem Konzert war allerdings Elisa Amborgio, Sängerin der Magik Markers, als Gitarren-Lolita: Sie fuhrwerkte mit dem destruktiven Eros eines Thurston Moore und dem abgelebten Sexappeal einer Patricia Arquette durch die Songs, dass viele der etwa 200 Besuchern die Münder nicht mehr zu bekamen. (2011 entstand aus dieser Kollaboration auch ein Album: "200 Years").

Was diese Episode nun mit "Surrender To The Fantasy", dem neuen Album der Magik Markers zu tun hat? Nun, die Band aus Hartford, Connecticut wird gern in zwei Atemzügen mit Sonic Youth und dem angeschlossenen US-Gitarren-Underground erwähnt. Ihre Mischung aus Psych-Punk, steinigem Noise-Rock und Blues-Motiven brodelt latent aggressiv und erotisch vor sich hin wie so manche Filmszene von Tarantino.

Auf "Surrender To Fantasy" segeln die Magik Markers lustvoll unter dem Banner der Hipness – mehr noch als auf den ziemlich guten Vorgängern "Boss" und "Balf Quarry". Das neue Album erweckt erst gar nicht den Anschein, verkopft oder ausproduziert zu sein. Stattdessen dröhnt "Crebs" dermaßen schnodderig los, als gelte es, bei einem Schüler-Wettbewerb den letzten Platz zu ergattern.

Das dahinter eine ziemlich phallische Attitüde steckt, wird schon im nachfolgenden "Acts Of Desperation" klar, einem verhallten Outlaw-Blues für den Lost Highway. Es folgen, ziemlich antipodisch: Krachiger Riot-Grrrl-Punk ("Bonfire"), eine Folk-Skizze ("Mirrorless"), schweinisch quieckender Anti-Rock ("American Sphinx Face") und "Young", noch so eine geisterhafte No-Pop-Miniatur aus dem Proberaum.

Mit der neuen Übersichtlichkeit der späten Sonic Youth hat das letztlich genauso wenig gemein wie mit den breitbeinigen Rockismen von Bands wie den Queens Of The Stone Age. Vielmehr fühlt man sich an die des Punk-Labels Kill Rockstars erinnert. Denn die Magik Markers zersägen und zerfleddern auf "Surrender To Fantasy" lustvoll die Vorstellung vom mannigfaltigen, bedingslos entertainenden Rockstar im Scheinwerferlicht.

Stattdessen faucht, grollt und goldkehlt Sängerin Elisa Amborgio zumeist im Halbdunkel vor sich hin. Mit Krautrock ("Screams Of And Girls") und Jon-Spencer-Krach ("WT") klingt letztlich ein Post-Zeitgeist-Album aus, das man verdammt noch mal hören sollte, um dem Reiz der Disparität zu erliegen.

Trackliste

  1. 1. Crebs
  2. 2. Acts of Desperation
  3. 3. Bonfire
  4. 4. Mirrorless
  5. 5. American Sphinx Face
  6. 6. Young
  7. 7. Empire Building
  8. 8. Screams of Birds and Girls
  9. 9. WT

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