laut.de-Kritik
Feiner, topaktueller Roots-Reggae - aus Holland.
Review von Dani FrommDiese Holländer! Nicht gerade die erste Nation, die einem in den Sinn kommt, denkt man an karibische Grooves. Einer, der diese Wahrnehmung möglicherweise ändern könnte, heißt Maikal X. Naja, eigentlich heißt er Michael Parkinson und war bisher in den Reihen von Postmen aktiv. Mit "Genesis" startet er jetzt jedoch seinen Alleingang - und das gar nicht übel.
Die Rüge vorneweg: Revolutionär dürfte nicht das Attribut sein, das man Maikal X' Debütalbum aufkleben mag. Die großen Überraschungen bleiben aus - inhaltlich wie musikalisch. Überwiegend beschäftigt sich "Genesis" in emotionalen Love-Tunes mit dem höchsten der Gefühle.
Daneben richtet Maikal X die eine oder andere Huldigung an den Allmächtigen, denn "Jah always has the solution". Er bleibt aber keineswegs in der schönen, einfachen Welt der Gläubigen hängen, sondern riskiert, wie in "Senseless" durchaus kritische Blicke aufs Geschehen. So weit, so oft gehört.
Dennoch rentiert sich eine Beschäftigung mit "Genesis" gleich dreifach. Allem voran zieht die schöne, ebenso unaufgeregte wie unkonventionelle Stimme in ihren Bann: Mehr als einmal glaubt man, es mit einem alten Hasen vom Schlage eines Dennis Brown zu tun zu haben.
Zudem umgibt sich Maikal X mit Gästen, die den reifen, erfahrenen Eindruck noch unterstreichen: Peetah Morgan von Morgan Heritage gibt sich für "We Know Why" die Ehre. Wann immer The Most High gepriesen wird, ist Luciano zur Stelle: "Give Thanks".
Das schmissige, fast schon in Ska-Gefilde überschwappende "Irie Love" wurde zweifellos der jamaikanischen Sängerin gleichen Namens auf den Leib geschrieben: ein druckvoller Beweis dafür, dass Liebeslieder nicht immer im drögen Balladenfach verstauben müssen.
Am stärksten bleibt nach dem Genuss von "Genesis" aber der dynamische, volle Bandsound im Gedächtnis. In "The Best In You" treffen satte Grooves und - Obacht! - gniedelnde E-Gitarren auf filigran flirrende Elektro-Effekte. Bläser spielen zu quakenden Gitarren und dicken Drums funky auf. Mehr als einmal übernimmt ein Saxophon die Regie - so auch in "Here She Comes", einer bestens geglückten Cover-Version einer wohl vertrauten Hall & Oates-Nummer. Das Spiel mit dem Neuen im Altbekannten: eins A gelungen.
Ob in Dancehall-Regionen spähend, ob dunkler und drohender (wie in "Bear With Me"), ob zarte Akustik-Gitarren-Begleitung: egal! Was Produzent Mr. Rude seinem Schützling auf den Leib schneidert, bleibt doch allezeit feiner, topaktueller Roots-Reggae. Sollten unsere niederländischen Nachbarn mehr davon in petto haben, sollte man tatsächlich häufiger ein Ohr über die Grenze halten.
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