laut.de-Kritik

Formelhafter Latin-Pop mit einem Hauch von Schamlosigkeit.

Review von

Maluma ist der Prettyboy-Superstar, den sich ungefähr jeder unter dem Marktführer der kolumbianischen Szene vorgestellt hätte. Nach seinem Durchbruchs-Album "F.A.M.E." 2017 spielt er Shows weltweit, hat gleich mehrere Musikvideos über der Milliarden-Marke und setzt sich mit Zusammenarbeiten mit Madonna, Lil Pump, Swae Lee und XXXTentacion auch im westlichen Markt fest. "11.11" ist ein pflichtschuldiges Folgealbum, das seinen Fans gibt, wonach sie dürsten, dem Genre aber auch nichts Essentielles hinzufügt.

Es ist bisweilen beeindruckend, wie mühelos sich das Songwriting auf dieser Platte anfühlt. Von den lasziven spanischen Gitarren auf "11 PM" über die 80s-Synthesizer auf "Dispuesto" bis zu den quirligen Bässen von "Tu Vecina" liefert Maluma ansprechendes Sequencing und ein Händchen für interessante Auftakte. Aber sobald der omnipräsente, gleichförmige Reggaeton-Beat dann gezwungenermaßen auf jedem Song einsetzt, versinken große Teile von "11.11" in einer ermüdenden Gleichförmigkeit.

Monotonie, die über die sechzehn Anspielstationen schon einmal an den Nerven zerrt. Songstrukturen und Vocal-Töne gleichen sich trotz einer ganzen Riege an Gastmusikern erschreckend, und gerade in den wenig lebendigen Verses bestimmt sich der Genuss dieses Projektes wohl daran, wie sehr man den Schema F-Maluma-Song mag.

Das muss ja nicht einmal etwas Schlechtes sein, denn es gibt viele Gründe, den Schema F-Maluma-Song zu mögen. Sein argloser, dynamischer Tenor-Gesang bietet viel Groove und Dynamik, die stimmliche Textur verschmilzt oft gänzlich mit den tanzbaren Drumloops, und das musikalische Gesamtbild klingt haargenau stimmig. Eine Formel, deren Erfolgsformat sich besonders an der Single "HP" zeigt. Hier sticht auch nichts besonders heraus, aber die subversive Fokussierung auf den Rhythmus und der tiefenentspannte Vibe kommen durchaus effektiv daher.

Außerdem helfen durchaus auch die Gastbeiträge, Malumas Heimvorteil auszubauen. Nicht, dass hier irgendjemand die Show stehle, aber die Features mit Ricky Martin, Ozuna und Nicki Jam sorgen für einen Vibe der Verbundenheit unter den großen Latin Pop-Superstars, vor allem hinsichtlich dessen, dass sie alle eine brauchbare Chemie miteinander beweisen.

Madonna erwidert Malumas Gastbeitrag auf ihrer jüngsten Single "Medellin" mit einem verspielten Duett. Ihre Vocals bleiben ihrer schwachen Dekadenform zwar treu, trotzdem entfaltet ihre Starpower allein einen gewissen Eindruck, vor allem wenn Maluma der fast doppelt so alten Poplegende relativ sorglos die Stirn bietet. Andere Artists wie Ty Dolla $ign liefern eher Arbeit von der Stange und gehen ohne bleibenden Nachdruck am Hörer vorbei.

Interessant zu vermerken ist, dass die Platte unter anderem von Max Martin produziert wurde. Der entfaltet hier einige seiner Stärken und Schwächen: Stark ist, dass er dem Pop-Profil Malumas noch einmal einen Hauch Schamlosigkeit mitgibt und die uneffektiven, erzwungenen Hip Hop-Crossover-Versuche filtert. Im gleichen Atemzug dürfte dieser Fokus auf Malumas Pop-Seite aber auch die Formelhaftigkeit seines Outputs nur intensiviert haben.

"11.11" ist ein Projekt, das kaum mit Überraschung aufwartet, selbst wenn an mit Latin Pop nicht besonders viel am Hut hat. Es bietet einen ziemlich langen, homogenen und kompetenten Strang an Reggaeton-Beats, kolumbianischer Romantik und ein paar interessanten Zusammenarbeiten. Die Ambition, die in der Latin Pop-Szene jüngst Alben wie "X 100PRE" von Bad Bunny so faszinierend gemacht haben, fehlt hier gänzlich. Dabei hätte etwas mehr Wagemut diesem Album vielleicht doch nicht schlecht getan.

Trackliste

  1. 1. 11 PM
  2. 2. HP
  3. 3. No Se Me Quita (feat. Ricky Martin)
  4. 4. Dispuesto (feat. Ozuna)
  5. 5. No Puedo Olvidarte (feat. Nicki Jam)
  6. 6. Me Enamoré De Ti
  7. 7. Extranándonte (feat. Zion & Lennox)
  8. 8. Shhh (Calla´)
  9. 9. Dinero Tiene Cualquiera
  10. 10. Soltera (feat. Madonna)
  11. 11. Te Quiero
  12. 12. Instinto Natural (feat. Sech)
  13. 13. Tu Vecina (feat. Ty Dolla $ign)
  14. 14. La Flaca (feat. Chencho Corleone)
  15. 15. Puesto Pa'Ti (feat. Farina)
  16. 16. Déjale Saber

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Maluma

Medellin, Kolumbien brachte bereits ein paar der größeren Stars der Latin Pop-Welt hervor. Ein Land, in dem man Sex und Gewalt verhältnismäßig offen …

Noch keine Kommentare