laut.de-Kritik

Der harte Junge überrascht als feinfühliger Produzent.

Review von

1979 brachten The Clash ihr Album "London Calling" auf den Markt. Und jeder, der Punk bis dahin für eine engstirnige Jugendbewegung behalten hatte, musste sich danach eingestehen, falsch gelegen zu haben. Punk, Reggae und Pop - die Grenzen waren auf einmal fließend geworden. Wenig Scheuklappen legt der belgische Produzent und DJ Marco Bailey auf seinem Erstling an. Lockere Electro-Tracks, dunkle Future-Technonummern und massive Tribalschieber machen "Rudeboy" zu einem gelungenen und abwechslungsreichen Album elektronischer Musik.

Es war ja eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis der Belgier Marco Bailey, nach zahlreichen Releases auf Primate, Carl Cox Intec Records und seinem eigenen Label Session Recordings längst kein unbeschriebenes Blatt mehr, seiner eindrucksvollen Diskographie ein Album hinzufügen würde. "Rudeboy" erscheint auf seinem kürzlich ins Leben gerufenen Imprint MB Elektronics und überrascht mit vielerlei Zwischentönen abseits des Peak-Time-Tribal-Getrommels, das für viele der populären Bailey-Maxis charakteristisch ist.

"Rudeboy" versteht sich als Album und folgt deshalb nicht der Ideologie der Tanzfläche allein. Marco Bailey wirft auf dem Album seine rund zehn Jahre Produktionserfahrung mit in die Waagschale und verzaubert gleich zu Beginn mit der verspielten Nummer "XYGlass". Warme Sounds sind hier das Fleisch, das Bailey um das kühle Electro-Skelett legt. Ähnlich funktioniert auch der chillige Track "Siestanyd" mit seinen verspielten Arrangements und den herzlichen Sounds. So kannte man Marco Bailey bisher nicht.

Harte Bretter, die der DJ am besten zur Peaktime unters ravende Partyvolk wirft, begründeten bisher den Ruf des Produzenten Marco Bailey. Klar, dass er bei aller neu erwachten Liebe für sanfte Zwischentöne seine Wurzeln nicht vergessen hat. "Circuits" oder "Wave Reset" drücken mit Bailey'scher Heftigkeit jeden an die Wand. Die Tribal-Groove-Maschine läuft so geschmiert wie lange nicht mehr. Das macht im Club Freude, wo die deepen Basslines der Tracks zum Greifen nahe scheinen und die Bauchgegend ihren ganz eigenen Technotanz aufführt.

Die CD-Version von "Rudeboy" hat Marco Bailey im Vergleich zur Platte um drei exklusive Stücke erweitert, die allesamt ohne straigte Beats um die Gunst der Zuhörer werben. Vor allem "The Art Of Beauty", mit epischen achteinhalb Minuten der längste Track des Albums, macht seine Sache ausgesprochen gut und lässt die nächsten Marco Bailey-Releases mit Neugier erwarten.

Trackliste

  1. 1. Beyond 7 Seas
  2. 2. Xy Glass
  3. 3. Circuits
  4. 4. Spiderweb
  5. 5. Krash
  6. 6. Energized
  7. 7. Siestanyd
  8. 8. Wave Reset
  9. 9. Mission
  10. 10. Homeless
  11. 11. Invaders
  12. 12. Elektrik Mekanik
  13. 13. Art Of Beauty
  14. 14. A Tale About Me And Myself

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