laut.de-Kritik

Lässt dem Synthie-Cinemascope zu viel Raum.

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Trübes Lounge-Nieseln statt erfrischendem Party-Niederschlag: Marianne Rosenbergs Club-Ausflug verglüht über weite Strecken in unbarmherzigem Chill-Fegefeuer. Dabei startet das Album dank "Liebe Tief Empfunden" mit einer spannungsvollen Komposition, die allerlei Finessen aufweist. Sich langsam entwickelnd, erkundet der Song mit seiner kathedralenhaft anmutenden Sound-Architektur unterhaltsam das Thema Nr. 1 - mittendrin Marianne als Hohepriesterin der großen Liebe.

"Verliebte Jungs" darf sicher als Dankeschön an ihre treue Gay-Gemeinde verstanden werden. Doch löst die Midtempo-Nummer (nicht nur aus textlichen Gründen) wohl nur im Partykeller wohlige Gefühle aus. "Rette Mich Durch Die Nacht" richtet sich musikalisch an die völlig falsche Zielgruppen. Hier werden Erinnerungen an die Unfassbarkeiten einer Andrea Berg wach. Nicht nur aufgrund der Zeile: "Und der Beat / macht boom boom boom / so wie mein Herz". Im Arrangement findet alles statt, was den Tod des eigentlichen Schlagers Ende der siebziger/Anfang der achtziger Jahre ausmachte: dumpfe Watte-Beats, billig klingende Synthies sowie ein nicht zündender und langweiliger Refrain.

Vom Thema her interessant: "Film Noir", eine Verbeugung vor den Femme Fatales des großen SW- Kinos. Verdient werden Namen wie Greta Garbo, Lauren Bacall und Marlene Dietrich genannt, doch die Essenz: "Der Teufel Ist Eine Frau" bleibt fragwürdig. Mag manchmal sein, gilt aber nicht immer. Und schon gar nicht für die genannten Damen. Die Gestalt einer Daniela Katzenberger wäre dem bösen Beelzebub eher zuzutrauen.

Der "Julikuss" schläfert mit ermüdenden und schleppenden Beats samt quengelndem Zierrat ein. Die Beat-Takte bewegen sich in drögen Dimensionen, mitsamt ausgelutschten, breit angelegten Synthie-Wänden. "Genau Entgegengesetzt", erläutert Marianne, "ist die Richtung". Und kann damit nur die Hoffnung des Hörers meinen, endlich mal in Pfiff und Pep zu baden. Doch auch hier ersäufen unerbittliche Chill-Tsunamis alle Hoffnungen auf Lebendigkeit.

"Lauf Kleine" ist Mariannes Warnung vor der Vereinnahmung minderjähriger Mädchen-Träume durch eiskalte Profit-Apparatschiks. Abgesehen davon, dass es zu diesem Thema längst genügend musikalische Stellungnahmen gibt, kann die Rosenberg dem Ganzen nichts Neues mehr hinzufügen: "Sie lutschen deinen Traum wie'n Himbeerbonbon / sie verpassen dir Haarschnitt und 'n Mörder-Song". Bohlen, Eishexe Heidi Klum & Co.wird es egal sein.

"Dämonen Und Wunder" lässt durch sanfte Uptempo-Beats Hoffnung aufkeimen. Doch statt der Dancefloor-Hoffnungen schleicht sich im Fortlauf immer mehr Michael Wendler ein, bis alles rettungslos den Bach runtergeht. Mariannes Gesang versprüht nie den funkelnden Glanz, den so viele ihrer großen Tracks (bis in die Neuzeit) auszeichnen. Merkwürdig unbeteiligt, sogar kühl, agiert sie oft nur im Hintergrund, und lässt dem Synthie-Cinemascope zu viel Raum.

So kommt "Regenrhythmus" über den musikalischen Durchschnitt zu selten hinaus: zu viel Special Effects und leere Dialog-Zeilen.

Trackliste

  1. 1. Liebe Tief Erfunden
  2. 2. Verliebte Jungs
  3. 3. Rette Mich Durch Die Nacht
  4. 4. Film Noir
  5. 5. Julikuss
  6. 6. Genau Entgegengesetzt
  7. 7. Dämonen Und Wunder
  8. 8. Die Zeit Und Die Herzen
  9. 9. Im Regenrhythmus
  10. 10. Und Wenn Ich Sing
  11. 11. Lauf Kleine
  12. 12. Vorbei Ist Es Nie
  13. 13. Jetzt

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