laut.de-Kritik
Früher: Derber Crossover Sound. Heute: Belangloser Pop.
Review von Daniela ReichertWas ging da bloß schief? Vor vier Jahren noch als hartgesottener Rocker mit der Crossover-Truppe Juicy Junk unterwegs, wandelt Marcel Saibert nun als "Mars" auf Solopfaden. Leider wechselte er dabei auch komplett in die Ecke der weichgespülten, radiotauglichen Popmusik, RTL oder besser "Unter Uns" sei dank.
Das wiederum tut wirklich weh, denn wo er einst zu schnellen Gitarren und treibendem Schlagzeug "Nobody can hold us down" verkündete, bleibt das Beste an eigener Meinung die Zeilen "So here I am, with a lot to say and much more convidence" auf "Here I Am". Das Ganze natürlich in Balladenform mit Klavier, Pop-Beats und sanfter Gitarre. Da hilft nur ein Seufzen, vergessen das es Juicy Junk überhaupt gab, tief durchatmen und das Album noch einmal hören, ohne den ständigen Vergleich im Hinterkopf.
Den Anfang macht "Stop Right Now", eine leichte Swing-Pop-Nummer mit Klavier und Saxophonbegleitung. Leicht und lässig läd sie direkt zum Tanzen ein und erinnert vom Stil her ein bisschen an Sasha oder Robbie Williams. Genau da fangen die Probleme auch an, denn bei fast jedem Song denkt der Hörer unwillkürlich: "Irgendwo hast du das doch schon einmal gehört".
So klingen "Hey" oder "Falling" verdächtig nach den Backstreet Boys oder US5, während die zweite Swing-Nummer "Hot Night" auch Ricky Martin singen könnte. Mars macht seine Sache sicher gut, aber die Songs lassen eine eigene Note vermissen. Er beschreitet einfach denselben Weg, den schon viele vor ihm gingen. Keine überraschenden Rhythmen, keine besonderen Texte, nichts.
Einziger Ausbruch und für mich auch der beste Song der ganzen Platte ist "Way Of Life". Eine New Wave angehauchte Nummer, die sogar ein Gitarrensolo enthält, während Mars mit einer Mischung aus Ironie und Trotz verkündet, das er sein Leben nach den eigenen Vorstellungen lebt. Der Text mag vielleicht etwas aufgesetzt wirken, aber immerhin zeigt er, dass in ihm wirklich ein Mensch aus Fleisch und Blut steckt und nicht nur ein singender Posterboy.
Leider geht dieser kleine Lichtblick in der geballten Schmachtattacke des Albums unter. Ab Mitte der Platte lebt der Sänger nämlich seine brennende Liebe zur Ballade schonungslos aus. Da schmachtet er "Down on my knees, begging you please. You gave me a reason to love you" auf "Reason", ein Song den er für seine Serienrolle in der RTL-Soap "Unter Uns" schrieb. Gleich danach kommt "Upside Down" über das schönste Mädchen der Welt, im gleichen Stil, leichte Gitarren, sanfte Pop-Beats, bevor mit "Look On Her Face" die klassische Klavierballade folgt.
Spätestens jetzt kann ich mir ein Gähnen kaum noch verkneifen. Aber nachdem die nächsten Stücke einen wieder halbwegs aufwecken, schiebt er gleich vier weitere Songs im gleichen Stil hinterher. Den krönenden Abschluss bildet "Now You're Here", bei dem ihn gleich ein ganzes Orchester auf dem Weg zur großen Liebe begleitet. Soviel Schnulze auf einmal ist nur schwer zu ertragen.
Mit diesem Album mag Mars ja durchaus genau in die RTL-Zielgruppe der "Unter Uns"-Fans passen, aber leider verlor er dabei auch gleich seine komplette Persönlichkeit, die man von Juicy Junk kannte. Sicher, man hört den Gesangsunterricht, nur leider keine echten Gefühle. Er verschwendet mit dieser Platte einfach nur sein Talent und versinkt in der Bedeutungslosigkeit der seichten Popmusik.
Das einzige, was neben gähnender Langeweile zurückbleibt, ist die Hoffnung, das auch Mars das erkennt und es schafft, der RTL-Maschinerie zu entkommen. Wenn schon nicht zurück zu Juicy Junk, könnte er zumindest weit mehr vollbringen als diese belanglose Mainstream Popmusik.
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