laut.de-Kritik
Mehr als die bedingungslose Funktionalität der Tanzfläche.
Review von Daniel StraubDa ist zunächst einmal der ungläubige Blick in die Diskographie von Mathew Jonson: Seit seiner ersten Maxi "New Identity" hat sich der Kanadier zu einer festen House- und Techno-Größe entwickelt.
Mehr als ein Dutzend hochkarätige Veröffentlichungen gehen auf sein Konto, ein Teil davon auf seinen eigenen Label Itiswhatitis und Wagon Repair, aber auch Gastspiele auf Richie Hawtins Minus Label oder bei den Kölner Kompakt-Jungs sowie Remixen für die Chemical Brothers und Moby. Was bislang in der Sammlung noch fehlte, war ein Debüt über Albumlänge.
Insgesamt zehn Tracks haben den hohen Anforderungen von Jonson am Ende genügt und den Qualitätstest für "Agents Of Time" erfolgreich bestanden. "When Love Feels Like Crying" konnte man bereits auf der im vergangenen Jahr veröffentlichten Maxi "Walking On The Hands That Follow You" hören.
Zudem hat Jonson nochmals Hand an "Marionette", seinen Clubhit von 2005, angelegt und ihn in einer neuen Version aufgenommen. Diese trägt den Zusatztitel "The Beginning" und gesellt sich zu den beiden bereits bekannten Versionen.
Ganz gleichgültig, wann die Tracks entstanden sind, ihnen allen gemeinsam ist die deutlich hörbare Leidenschaft für analoges Produktionsequipment. Diese Tatsache schlägt sich einmal mehr in einem runden und warmen Klangbild nieder.
Auch sonst bleibt sich Mathew Jonson treu. Alle Tracks entfalten ihren Reiz ohne in Hektik zu verfallen. Manchmal reicht ihnen dafür eine Spielzeit von sieben Minuten, manchmal landen sie ein gutes Stück jenseits der Zehn-Minuten-Grenze. Die offene Form der Jamsession gibt den Takt vor.
Wem die bisherigen Releases von Mathew Jonson gefallen haben, dem laufen die zehn Tracks von "Agents Of Time" ebenfalls bestens rein. Sie knüpfen atmosphärisch an die großartigen Maxisingle-Releases auf Itiswhatitis an. Die Stimmung der Tracks vermeidet allzu helle Momente und baut ein warmes und zugleich dunkles Klangbild auf.
Diese Tatsache macht die Platte in erster Linie zu einem Listening-Album. DJs dagegen bietet das Album kaum Stücke ("Girls Got Rhythm" bildet eine der wenigen Ausnahmen), mit denen sich mühelos die Tanzfläche bespielen lässt.
Den guten Eindruck, den "Agents Of Time" hinterlässt, kann das allerdings nicht trüben. Es wirkt im Gegenteil sogar befreiend, dass Jonson seinen Blick im Studio nicht ähnlich stark verengt, wie viele andere House- und Techno-Produzenten, die den Verkauf ihrer Tracks in erster Linie über die bedingungslose Funktionalität des Dancefloors ankurbeln wollen.
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