laut.de-Kritik

Die Cocktailgläser sind leider leer.

Review von

Greatest Hits-Sammlungen signalisieren oft: Das wars, der künstlerische Zenit ist überschritten. Besonders mißtrauisch macht dann der Zusatz, die einstigen Chartskracher präsentieren sich in Neuaufnahmen und Remixen.

Und die Befürchtungen treffen ein: Matt Biancos "Sunshine Days - The Official Greatest Hits" weisen trotz aller frisch polierter Oberfläche von 11 der 16 Tracks nur noch einen matten Abglanz dessen auf, wofür die Combo in ihrer kommerziellen Hochzeit stand.

Nach dem oft recht wilden Jahrzehnt der Siebziger mitsamt seinem Prog-Rock, glitzernden Disco-Kugeln und Punk hielt in den Achtzigern vergessen geglaubte Eleganz wieder Einzug in die Hitparaden. Zwar hatte das alles längst nichts mit echtem Jazz zu tun, was z. B. Sade massenkompatibel in die Clubs brachte. Aber zu Wildlederschlips und Miami Vice-Sakko passten nun mal keine ungehobelten Rhythmen der Sex Pistols.

Es schlug die Geburtsstunde von klebrigen Sex On The Beach-Cocktails. Die ideale Hintergrund-Musik zum Schlürfen lieferten damals Mark Reilly und seine Band Matt Bianco.

Das Beste, was über die Neuaufnahmen zu sagen ist: manchmal ganz nett, ein bekanntlich recht zweifelhaftes Kompliment. Was indes nicht in der Urform vieler Songs begründet liegt, sondern eher an der Art, wie die Produktion versucht, einstmals nicht unfreundlichen Pop spannungsarm und austauschbar in eine vermeintlich höhere Style-Ebene zu hieven.

Eine Nummer wie "Dancing In The Street" wirkt nun gänzlich vielem beraubt, was sie eigentlich ausmacht. Einst bewusst laut, schrill und lärmend losgelassen mitsamt wildgewordenen Piano-Stakkatos - das machte Spaß! Es wollte und sollte nur unterhalten und keine große Kunst sein.

Doch all das wird 2010 in den Hintergrund gepresst, bis gar nichts mehr vom eigentlichen Zauber übrig bleibt. Der späte Hit "Don't Blame It On That Girl" trägt schon im Original des Zeichen des Niedergangs in sich. Die hier vordergründig mit noch mehr Percussion verbrämte Neuauflage macht auch über 20 Jahre später aus einem mittelmäßigen Song keinen Kracher.

Das einst entspannt gleitende "More Than I Can Bear" wird durch einen stumpfen R'n'B-Rumpel-Beat in die Bedeutungslosigkeit abgeschoben. Die aktuellen, angesoulten Background-Vocals säuseln als überflüssiger Zierrat. Positive Ausnahmen sind rar: Die inszenierte Post-Cocktail-Seligkeit funktioniert ganz prima bei "Say It's Not To Late", und gewinnt dem Original ein paar neu klingende Aspekte ab.

Böse, aber gewiss nicht unwissende Zungen behaupteten bereits in den Achtzigern, dass die beste Matt Bianco-Nummer "Coco" darstellt. Eine Aufnahme, die Mark Reilly in der Prä-Bianco-Ära mit seiner damaligen Band Blue Rondo A La Turk veröffentlichte. "Coco" ging, "Half A Minute" kam - und bedeutete für manchen Fans der allerersten Stunde schon damals den allmählichen Abgang.

Die Party ist längst vorbei. "Sunshine Days" gemahnt an den Morgen danach: Die Gäste sind längst gegangen, der schale Geruch übervoller Aschenbecher erfüllt den Raum, in den Ecken liegen traurig leblose Papierschlangen herum. Und auf einem Tischchen in der Nische steht ein abgestandener Cocktail, den keiner mehr trinken mag. Da helfen auch ein frischer Schuss Rum und ein paar Zitronenspritzer wenig.

Trackliste

  1. 1. Get Out Of Your Lazy Bed (New Recording)
  2. 2. Yeah Yeah (New Recording)
  3. 3. Don't Blame It On That Girl (New Recording)
  4. 4. Half A Minute (New Recording)
  5. 5. Whose Side Are You On (New Recording)
  6. 6. More Than I Can Bear (New Recording)
  7. 7. Say It's Not Too Late (New Recording)
  8. 8. Hifi Bossanova
  9. 9. Our Love
  10. 10. Dancing In The Street (New Recording)
  11. 11. Sunshine Day (New Recording)
  12. 12. Cha Cha Cuba
  13. 13. Good Times (New Recording)
  14. 14. Lost In You
  15. 15. Wap Bam Boogie (New Recording)
  16. 16. Half A Minute (Joey Negro Sunburnt Mix)

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