laut.de-Kritik
Für immer Bad Bars-Battle.
Review von Yannik GölzManchmal sieht man online Deutschrap-Fans ihre CD-Sammlung auflösen. Jede Ära Deutschrap hat diese paar Exemplare Zeug dabei, bei denen du einfach keinem erklären kannst, warum das damals ein Ding war. Bruder, warum besitzt du "Pullermatz" von BattleBoi Basti? Was zur Hölle ist dieses Album, in dem Deutschrapper Achtziger-Hits covern? Und warum zur Hölle hat B-Lash überhaupt so viele Alben gemacht?
Ein Blick in die Glaskugel verrät: Mehnersmoos werden in zehn Jahren der komische Fleck in den CD-Sammlungen sein, den man wirklich niemandem erklären kann. Die entstehen aus einer so spezifischen Konstellation aus tagesaktuellem Scheißhumor und Nostalgie für den Scheißhumor vergangener Tage, dass man sich echt kaum ausmalen kann, wie das altern sollte. Aber für diesen perfect moment in history klappt es ja: Mehnersmoos haben eine ordentliche Welle. Die beiden sind sicherlich zu einer Top-Level-Festival-Band avanciert, ihre Fandom ist, gelinde gesagt, gruselig und spricht eine neue Generation Moneyboy-esker Insider-Lingo.
Man merkt Mehnersmoos übrigens an, dass sie vor dem Hype sehr lange um den Erfolg kämpfen mussten. Denn jetzt, wo sie ihn haben, rücken sie der Szene ums Verrecken nicht von der Pelle. Drei Alben in drei Jahren, Tourneen, spürbar auch extrem dichtes Networking. Im Gegenzug zu all dem Arbeitslosen-Gelaber spürt man, dass die hart arbeiten. Das kann man ja auch mal anerkennen: "Neues Von Mehnersmoos" ist das dritte Album am Stück, das sehr vieles richtig macht.
Vor allem beeindruckt, wie gut das Streamlining dieses Albums läuft. Es klingt wieder wirklich solide. Das liegt vor allem an der Produktion, die weiterhin bestechenden Amirap-Geschmack beweist. "Arschrapper" erinnert an Tyler The Creators "Lemonhead", der Crunk-Throwback auf "Rudi Völler" hätte auch von Hitkidd kommen können. "1x1" macht astreinen Hip-House und die Jersey Club-Anleihen auf "Ich Bin Cool" machen ihren bislang mit Abstand besten Song aus. Der ist bouncy, der klingt nach Abriss, der rechtfertigt das eskalative Tour-Musikvideo, das dazugeliefert wurde.
So, damit sind wir einmal alle nuanciert gewesen und haben endlich Platz für die wichtigen Fragen. Zum Beispiel: Heilige Scheiße, wie kann man bitte beim lieben Gott konstant so unglaublich unlustig sein? Zu "Sexy" habe ich noch des Todes rumgeeiert, dass Humor ja subjektiv sei. Ich bestätige: Subjektiv betrachtet ist auch "Neues Von Mehnersmoos" wieder absolute Kernscheiße. Man sinkt ja beim dritten Album schon wie selbstverständlich in die innere Logik der niemals endenden, dummen Arschfick-Spits. Haha, deine Mutter tut mit mir ficken tun. Scheiße Pimmel Fotze xD. Aber selbst im Mehnersmoos-Sunken Place, in dem ich ihr für immer anhaltendes Bad Bars Battle mit sich selbst irgendwie als die gegebene Realität hinnehme, schrecken mich manchmal Momente hoch, in denen ich einfach nicht mehr kann.
"Wochenende Skit": Das YouTube von vor fünfzehn Jahren hat angerufen und und will seinen Swag zurück. Was soll das bitte darstellen? Die Szene aus dem Matheunterricht klingt wahrlich wie Skit-Comedy, zu der man 2011 seine Freunde auf Facebook hätte markieren sollen. Generell, warum erwähnen diese beiden Dudes Mitte dreißig so verdammt oft Schule oder Lehrer? Sublimieren sie da, wie hart man in der Mittelstufe hängengeblieben sein kann?
Richtig Absturz sind aber erst die letzten drei Tracks. Eine große Konstante in der Musik von Mehnersmoos ist ja, dass sie deutschen Pop scheiße finden. Bosse, Mark Forster, da müssen sie kotzen. Mehnersmoos ist absolut Anti-Pop. Wie erklären sie dann, dass sie selbst gleich einen Dreierpack superseichter, anbiedernder Pop-Scheißsongs verbrochen haben?
Nein, ich verstehe das nicht. Die "Teenage Dirtbag"-Interpolation auf "Hätt Ich Gewusst", die Kleine-Pimmel-Ballade "Danke" und das unerträglich heterosexuelle "Es Wär So Schön" zapfen via Pop-Punk die gerade sehr trendige Nostalgiewelle an. Es ist Pop auf die schlimmste Art: Es will offensichtlich die Catchiness und den Wiedererkennungswert, während es sich aber doch irgendwie davon abzugrenzen versucht. "Hätt' ich gewusst, dass du vorbeikommst, hätt' ich nicht gewichst." Das ist lustig, sowas würden Popsongs doch gar nicht sagen!
Das ist die endgültige Erkenntnis: Wisst ihr, was Mehnersmoos Genre-technisch sind? Ich dachte erst, das ganze Rappen darüber, wie klein der eigene Penis ist, würde sie in Comedy-Rap-Kreisen zu einem schlechten 257-Tape oder zu einem Lil Dicky sortieren. Aber es ist tatsächlich noch schlimmer. "Neues Von Mehnersmoos" sortiert sie ziemlich eindeutig in das Genre der YouTube-Song-Parodie. Mehnersmoos hat handwerklich mehr mit Y-Titty zu tun als mit K.I.Z.
Y-Titty hatten ja auch sowas wie solide Produktionsbudgets. Als ich dreizehn war und allen wegen meiner Cousins erzählt habe, dass Slayer meine Lieblingsband sei, dachte ich auch, ich sollte kein Pop hören, weil Pop ja schwul sei. Also habe ich mir irgendwelche dummen Songparodien geknallt, die sich über Pop lustig machen, weil ich dadurch über Bande schamvoll mein Bedürfnis nach Pop stillen konnte. Ich dachte, ich mache mich über Pop lustig, aber im Grunde krieche ich durch die halbgar wiedergekäute Famehook nur schamvoll zum Pop zurück. Es schickt mich intergalaktisch, dieses selbe Phänomen jetzt bei eindeutig erwachsenen Festival-Rapfans gespiegelt zu sehen.
Mehnersmoos wollen den Kuchen haben und essen. Sie liefern ein Beispiel dafür, warum Ironie eine der größten Plagen im Deutschrap ist. Mehnersmoos verkaufen das Gefühl von Edge, sind aber eigentlich nur solide zusammgenbaute, forcierte Memes auf Karakoke-Beats. Soll das lustig finden, wer möchte, aber machen wir uns nichts vor: Es ist jetzt schon peinlich und wird in zehn Jahren wie ein völlig groteskes Stück Deutschrap-Absurdität aussehen.
13 Kommentare mit 8 Antworten
Der Autor hat sich mehrere male vetippt. ist natürlich ein 5/5 Album
Also, Arschrapper und Rudi Völler geht schon klar imo.
Schmunzeligste Facepalm-Line: Deine Eichel gibt es nicht bei Pizza Hut, aber sie hat einen Käserand
Scheiß' auf mein'n Leberwert
Mir ist wenig weniger als meine Leber wert
Ungehört 1/5.
Ja.
Dann doch lieber dieses Album, dem Deutschrapper Achtziger-Hits gecovert haben. 2007 - generell gute Zeit fürs Genre.
„Unerträglich heterosexuell“ ist alles was man über die Anforderungen an Sprechgesang hier wissen muss.
Beste wenn’s laut zu ner schlechten Wertung provoziert.