laut.de-Kritik

Diese Folk-Entdeckung rockt.

Review von

Schon bei den ersten Noten beginnt das fröhliche Rätselraten: Suzanne Vega? Ja, aber wärmer. Laura Marling? Ja, aber weniger kühl. Carla Bruni? Ja, aber eine, die tatsächlich singen kann. Adrienne Lenker? Auch, aber nicht so introvertiert. Vergleiche sind in einer gewissen Hinsicht doof - dennoch kein schlechter Anfang für die 22-jährige Meskerem Mees und ihr Debütalbum.

Gitarre, Cello und Stimme - mehr braucht die Belgierin nicht, um in den Bann zu ziehen. In der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba geboren und im Alter von 10 Monaten von einem belgischen Paar adoptiert, wuchs Mees auf einem Hof in der Nähe von Gent auf. Dort lebt auch der Esel Julius, der auf dem Cover zu sehen ist und im Albumtitel verewigt wurde.

Das nur als Hintergrund, denn Mees singt in einem so guten Englisch, dass sie auch aus den USA stammen könnte, mit Aufenthalt in Großbritannien. Ihre Texte handeln meist von den verschlungenen Wegen der Liebe und der Freundschaft, aber mit originellen Wendungen. "And are you knocking on heaven's door or the blood-soaked gates of hell? / No one knows for sure, except for God, but he won't tell", fragt sie sich im Opener bezüglich eines Verflossenen. "We're doing drugs on the weekend, because it's all we've ever known / We're getting high as fast as we can, just to ignore the low / Running circles round the parking lot, putting on a show", heißt es ein Lied später.

Die nächste Assoziation: "And go round and round and round, in the circle game" - Joni Mitchell. Im Gegensatz zur Mutter aller späterer Singer/Songwriterinnen zeigt Mees aber auch Sinn für Humor, etwa in "The Writer" ("And I won't write about love, it's a cruel and vicious game / ... / Instead I will write happily my third autobiography on loneliness and anxiety, and other types of misery / 'cause that's what people read"). Und für absurde Situationen, etwa in "Astronaut": "I am an astronaut floating through space / I had a plan but no rocket / So I said fuck it / I'll just ask NASA, they'll love it".

Um die Produktion kümmerte sich Koen Gisen, der in Gent das Studio La Patrie betreibt. Weglassen, lautete hier die Devise, denn neben Mees' gezupfter Konzertgitarre und ihrer Stimme besteht die Begleitung im Wesentlichen aus den warmen Celloklängen der ebenfalls noch jungen Febe Lazou. Hinzukommen gelegentliche Einsprengsel wie Möwengeschrei und rauschende Wellen in "Blue And White". Das funktioniert gut, auch wenn gelegentlich E-Gitarre, Bass und Schlagzeug nicht geschadet hätten, etwa im fast schon punkig anmutenden "Queen Bee" oder im rockigen "Astronaut".

In diesen Fall ist weniger aber sicherlich mehr gewesen. Hoffen wir mal, dass die vorgesehenen Auftritte im deutschsprachigen Raum im März und April 2022 stattfinden können. Würde sich lohnen!

Trackliste

  1. 1. Seasons Shift
  2. 2. Parking Lot
  3. 3. The Writer
  4. 4. Blue And White
  5. 5. Queen Bee
  6. 6. My Baby
  7. 7. Man Of Manners
  8. 8. Joe
  9. 9. Astronaut
  10. 10. A Little More About Me
  11. 11. Song For Lewis
  12. 12. Where I'm From
  13. 13. How to Be Alone

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