laut.de-Kritik
Bitte hier nicht reinhören, Mr. Brian Wilson.
Review von Jasmin LützWas ein Album-Flop ist, weiß Michael Bublé vermutlich gar nicht. Seit seinen Angfangsjahren als Swing-Crooner geht es stetig bergauf, sein letztes Album "To Be Loved" platzierte sich weltweit ganz oben in den Charts (in Deutschland auf Platz zwei). Seine besinnliche Christmas-Edition von 2011 gehört zu den erfolgreichsten Weihnachtsalben aller Zeiten.
Zum jährlichen Herbstblues und Kampf um die besten Vorweihnachtsplätze erscheint nun "Nobody But Me". Damit präsentiert er mal wieder Lieder aus dem Swing-, Pop- und Jazz-Bereich mit nicht nur selbstgeschriebenen Songs, sondern ist zum ersten Mal auch als Produzent involviert. Das macht allerdings keinen Unterschied.
Zunächst lullt Michael Bublé die Hörer mit einer soliden Popnummer ein. Diesen fluffigen "Da-kann-man-nichts-falsch-machen"-Hit mit gängiger Gitarrenmelodie und Schmacht-Lyrik hätte "I Believe In You" allerdings auch ein Ronan Keating hinbekommen. Egal, Michael Bublés Konzept scheint auch nach mehr als zehn Jahren zu funktionieren. Charmanter Typ aus Kanada trifft die richtigen Töne, aber kramt dabei jedes offensichtliche Klischee aus, haut jede Menge Instrumente drauf, möglichst pompös, und swingt sich durch den Rat Pack-Nostalgie-Shop. Dann lädt man sich noch ein paar namhafte Künstler ein, und fertig ist die nächste Chartposition.
Für seinen Titeltrack "Nobody But Me" holte er Black Thought von den großartigen Roots ans Mikro. Der gibt dem doch eher mäßigen "Ich klatsche in die Hände"-Refrain mit seinem Freestyle-Rap ein wenig Coolness, die aber nach seinem Einsatz sofort wieder verschwindet. Aber die Nummer ist bestimmt ein Kandidat für den Super Bowl 2017.
Mamma Mia, und jetzt singt der Typ auch noch auf Italienisch. Puh, der Mann lässt aber gar nichts aus und versaut mit "On An Evening In Roma (Sott'er Celo De Roma)" die kompletten romantischen Erinnerungen an einen wunderschönen Urlaub am Mittelmeer. Mille grazie.
Weiter quält er uns mit triefenden Balladen, die vielleicht das Herz der neuen Freundin des Ex berühren ("The Very Thought Of You"). "Today Is Yesterday's Tomorrow" klingt dann wieder voll 90er. Vielleicht wollte der kanadische Sänger eigentlich schon immer in einer Boyband sein. Mit lustigen Pudelfrisuren wie N'Sync und überdimensionalen Klamotten wie die Backstreet Boys. Betrunken kann man dazu auf der Ü30-Party wunderbar abgehen.
Songs wie "My Kind Of Girl" oder "I Wanna Be Around" funktionieren immer beim großen Publikum, vor allem kurz vor Weihnachten. Ja, irgendwie beamen sie einen auch gleich auf die Tanzfläche, aber Nina Simones Holy-Jazz-Version von "My Baby Just Cares For Me" ist einfach nicht zu kopieren. Mit "This Love Of Mine" hätte er mich fast gehabt, aber auch nur fast. Da reicht ein Griff ins Plattenregal, und nach nur ein paar Tönen vom guten alten Frank verfliegt der künstliche Bublé-Schein ganz schnell wieder.
Seine Leidenschaft für Coverversionen zeigte Michael bereits auf vorherigen Alben ("Crazy Love"), aber muss er jetzt noch den armen Brian Wilson quälen?! "God Only Knows" setzt dem Horror die Krone auf. Nein, nein, lieber Mr. Bublé. So einfach ist das nicht, mal eben einen The Beach Boys-Song zu covern. Da reiten Sie auf der ganz falschen Welle. Da reicht diese Piano-Streicher-Schmuse-Version keinesfalls und kommt noch nicht mal eine Armlänge an das Original heran.
Dazu mag eine Bridget Jones mit ihren Liebhabern gut kuscheln können, aber unter uns gesagt, da schlafen einem nicht nur die Füße ein. Tja, das ist halt so 'ne Sache mit Lieblingssongs, die gecovert werden. Das schafft zurzeit nur der Jochen.
Michael Bublé bleibt seiner Linie treu. Das kann bewegen, muss aber nicht. Ah, apropos Bewegung. Die Deluxe-Edition von "Nobody But Me" trumpft mit einem Wackel-Cover. Da bewegt sich der Mann hin und her, fast wie ein Wackel-Dackel. Witzige Idee, bringt aber trotzdem nicht mehr Punkte. Immerhin, den Schmunzel-Bublé kann man getrost bei einem Diner oder in einer Cocktailbar hören, so im Hintergrund auf Lautstärke drei, und sich dabei über die neue Robbie Williams-Platte unterhalten. Cheers.
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