laut.de-Kritik

Slow Motion-Hip Hop von Missy Elliotts Küchenhilfe.

Review von

Wer zur Hölle ist Mike Jones? Eine häufig gestellte Frage, die sich dem aufmerksamen Hörer spätestens nach Jones' Featureauftritt bei Atlantas irren Ying Yang Twins und seiner Mithilfe in Missy Elliotts Küche aufdrängte.

Um seinen Allerweltsnamen nebst seiner Telefonnummer auch ins Gedächtnis derjenigen einzubrennen, die nicht zum Stammpublikum in Houstons Tabledance-Bars gehören, präsentiert Mike Jones mit "Who Is ...?" seinen Major-Erstschlag. Die Betonung liegt hier auf dem "Major", neu im Geschäft ist Mike Jones keineswegs. Vielmehr blickt er auf eine mehrjährige Indie-Karriere zurück - mit wohlwollender Milde, die man einem Debütanten gerne mal angedeihen lässt, hat Mike Jones demnach nicht zu rechnen.

Das hat er auch keineswegs nötig: Die "chopped-and-screwed"-Welle, die aus dem dreckigen Süden herüberschwappt, tut dies zwar in Slow Motion, dürfte aber in ihrer Mächtigkeit schwer aufzuhalten sein - und es muss mit dem Teufel zugehen, wenn dabei die Swishahouse-Familie nicht oben mitschwimmen würde. Nur fair, denn schließlich entstammt der Trend, Beats bis über die Schmerzgrenze hinaus zu verlangsamen, in nicht unerheblichem Maße eben diesem Stall.

Singleauskopplung Nummer eins fährt neben Mike Jones auch gleich seine Labelkollegen Slim Thug und Paul Wall auf; letzterer sitzt selbst bereits mit seinem Debütalbum in den Startlöchern. "Still Tippin'" verdeutlicht das Konzept "Screw" sehr nachdrücklich. Der Beat schraubt sich in derartigem Zeitlupentempo in die Ohren, dass man jede einzelne Umdrehung zu spüren vermeint. Quälende Langsamkeit in neuer Dimension, zusätzlich die Strategie, einzelne Textzeilen gebetsmühlenartig zu wiederholen: Die Rechnung geht auf. Einmal drin im Kopf, wird man diese Nummer tagelang nicht mehr los. Nach dem selben Prinzip funktioniert "Back Then", das als Nachfolgesingle ins Rennen geht: Als Chorus dient hier eine heruntergebremste Zeile aus "Still Tippin'". Recycling ist Trumpf, zudem spart man sich auf diese Tour lästiges Sample-Clearing.

Beide Tracks werden von Swishahouse-Boss Mike Watts und Carnival Beats' Salih Williams produziert; das Gespann zeichnet zweifellos für die fettesten Beiträge auf "Who Is ...?" verantwortlich. Salih Williams' Alleingänge ("Screw Dat", "Cuttin'" und "Know What I'm Sayin'") geraten, die Instrumentals betreffend, einfach eine Spur zu albern für meine Geschmack. Satte Bässe hin oder her - man kann es mit kirmesartigen Orgelsounds auch übertreiben. Eine viel rundere Sache stellt dagegen "Five Years From Now" dar: Lil' Bran liefert hier (wie zu diversen anderen Gelegenheiten) eine angenehm gesungene Hookline, die nicht allzu stark Richtung R'n'B abdriftet. Mike Jones flowt ordentlich, wenn auch ein wenig eintönig - was an dieser Stelle weniger stört, da man ohnehin damit beschäftigt ist, sich auszumalen, was wohl in fünf Jahren sein mag. "It scares me not to know"? Nicht wirklich, denke ich da. Jetzt schon Bescheid zu wissen, erwiese sich vermutlich als weitaus gruseliger.

Während einige Stücke, obwohl sie (wie "Laws Patrolling") über wahrhaft krasse Bässe verfügen, kaum Eindruck hinterlassen, verdienen andere dagegen getrost Erwähnung. "Flossin'" erinnert in der Machart stark an "California Love" und eignet sich vergleichbar hervorragend für mehr oder weniger sinnlose Autofahrten. "Got It Sewed Up" baut über die volle Länge Spannung auf; der große Showdown, den man jede Sekunde erwartet, bleibt allerdings aus - obwohl man ständig damit rechnet, passiert letzten Endes gar nichts. Ungeheuer bedrohlich wirkt "Turning Lane". Wer das Thema von John Carpenters "Halloween" kennt, weiß um die Werkzeuge: Über gehetzte Beats dahin klimpernde hohe Melodien bei fast vollkommen fehlenden Mitten taugen einfach nicht zur Yoga-Stunde.

Wer also ist Mike Jones? Nicht der abwechslungsreichste MC, wohl aber ein unermüdliches Arbeitstier, dem man sein Motto "You don't work you don't eat, you don't grind you don't shine" ohne Weiteres abnimmt. Der Mann aus Houston zeigt solides Handwerk - und gewährt zu guter letzt mit "Grandma" tiefe Einblicke in sein Seelenleben: Die Liebeserklärung an Oma Elsia Mae im Stil von 2Pacs "Dear Mama" mag musikalisch betrachtet eher Durchschnitt sein, betreffend "Who Is Mike Jones?" liefert der Schlusstrack allerdings tatsächlich umfassende Antworten. Trotz allem noch offene Fragen? Just call 281.330.8004!

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Back Then
  3. 3. Flossin'
  4. 4. Still Tippin'
  5. 5. Got It Sewed Up [Remix]
  6. 6. Scandalous Hoes
  7. 7. Screw Dat
  8. 8. Turning Lane
  9. 9. Laws Patrolling
  10. 10. 5 Years From Now
  11. 11. Cuttin' [Remix]
  12. 12. What Ya Know About ...
  13. 13. Know What I'm Sayin'
  14. 14. Type Of N**ga U Need
  15. 15. Grandma

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