laut.de-Kritik
Die "Popstars"-Jurorin ist beim RTL2-Publikum angekommen.
Review von Ulf KubankeBislang glich kein Miss Platnum-Album dem anderen. Vor allem der "Sweetest Hangover" der gebürtigen Rumänin glänzte mit einem ebenso frischen wie individuellen Mix aus Balkan-Folk, Elektro und Hip Hop. Statt die künstlerisch spannende Schiene und damit die eigene Einzigartigkeit auszubauen, kommt das neue "Ich War Hier" leider nicht über Trend-Anbiederung und Stromlinienform hinaus.
Fast alles klingt wie eine R&B-lastigere Sammlung liegen gelassener Peter Fox-Outtakes. An allen Ecken und Enden der Platte schreit die - zugegeben clever vom Reißbrett gezogene - Produktion heraus: "Ich bin so fett Berlin von der Straße bis zum Neonschuppen!" Doch der Schuss aus der bitchy Coolness-Kanone geht nach hinten los. Übrig bleiben kalte, modernistische Lieder für Hauptstadt-Hipster, Teenage-Fashion-Shops und Schulhofmobberinnen aus der Raucherecke.
Ziemlich trauriger Abstieg des aktuellen RTL2-Popstars-Jurymitglieds hinunter zum dortigen Zielpublikum. Bedenkt man den vielversprechenden Start dieser stimmlich wie textlich talentierten Musikerin, glaubt man kaum, hier dieselbe Künstlerin zu hören. Zwar gibt es gute Ansätze wie etwa die gelungenen Zeilen in "Reise (Ich War Hier)". Doch auch hier ersaufen die ausdrucksvollen Worte samt schicker Melodie in konventioneller Orsay-Mucke.
Aber es kommt noch schlimmer: Die ausdrucksvolle Stimme Platnums hat keine Chance, dem Kirmes-R&B-Arrangement von "Köpf Die Flaschen" zu entkommen. "Steh am Abgrund, kann nicht mehr umdrehen!" Ihr Text trifft unfreiwillig voll ins Schwarze. Und der Abgrund kommt mit Macht und "Kanonen". Der bewusst inszenierte Schlampenslang des Songs taugt weder zur Provokation noch zur Unterhaltung. Besonders die aufgesetzt ordinäre Görenhaftigkeit langweilt in ihrer Geistlosigkeit immens. Und während sie über sich selbst als Mischung aus Cyndi Lauper und Bluessängerin rappt, bekommt hier höchstens jeder den Blues, der solch schnatternde Hochstapelei noch für bare Münze nimmt.
Das Herzstück "Königin" bringt ihre unausgegorene Zerrissenheit auf den Punkt. Das routiniert abgehangene Arrangement geht zwar ebenso klar wie die in den Strophen sprachlich aufblitzende Eleganz. Spätestens im Chorus nivelliert sich das Stück bedauerlicherweise zum sich selbst krönenden Hip Hop-Klischee. Dabei wissen wir doch spätestens seit Tywin Lannister: Wer erst darauf aufmerksam machen muss, König zu sein, der ist es einfach nicht.
5 Kommentare mit 7 Antworten
Kann mich der Kritik nicht wirklich anschließen. Ich finde zwar auch, dass ihre balkanlastigen Vorgänger den Höhepunkt ihrer musikalischen Karriere darstellen, aber "Ich war hier" bleibt wirklich gut im Ohr kleben. Die Beats sind eingängig, hin und wieder auch verspielt ("Blockparty", "Er´s guter Hund) und gesanglich ist Frau Renner wieder besser, als auf "Glück und Benzin". Nichtdestotrotz finde ich auch nicht jeden Song gelungen. "Kanonen" ist mir ebenfalls zu offensichtlich angelegt und "MDCHN" ist ebenfalls kein Wunderwerk. Dazwischen gibt es immer wieder gute Songs, aber was mich wirklich stört, ist die teilweise starke Nutzung von Verzerrungseffekten. Das klingt nicht nur partiell arg bescheuert, sondern ist seit Jahren schon ausgelutscht.
Fazit: Guter Standard mit Ausschlag nach oben. Hätte wohlwollend 3/5 Sternen vergeben
Diese Balkanphase fand ich aber auch relativ frisch und unterhaltsam. Ich mochte das, weil es nicht aufgesetzt bei ihr wirkte. Aber ich glaube, von ihren neuen Sachen erwarte ich auch nicht mehr als 3-4 ganz nette Tracks.
@tonitasten : Bin ich absolut deiner Meinung. Aber mir gefällt das neue Album schon ganz gut. So richtig schlechte Tracks kann ich in meinen Augen nicht entdecken. Und wer weiß, vielleicht kommt ja nochmal etwas in Richtung Balkanbeats
wieder einer dieser tragischen fälle, denen man beeindruckende musikalische entwicklung attestieren müsste, wären ihre platten in umgekehrter reihenfolge erschienen. "ich war hier", stimmt. lang ists her.
das sach man!
Taktloss Feature? Klärt mich wer auf?
Hehe, stimmt! Er ist alt und braucht das Geld? Der letzte broke Nigga?
In meiner nächsten Strophe möchte ich euch Miss Platnum etwas näherbringen
Und nebenbei bemerkt
Miss Platnum deine Mutter hat immer noch den gleichen Beruf
Du bist immer noch eine Hurentochter
Klingt das so?
https://youtu.be/UrVfCR4aK_k
Taktloss und Miss Platnum sind befreundet. Die war auch auf seinem Kollabo-Album "WeltWeiteWorts" mit Rifleman als Feature drauf.
Kubanke! Neue Metaphern! "Orsay" ist durch!