laut.de-Kritik
Like mich am Arsch!
Review von Yan VogelDem Genre Grunge sagt der Kritiker gerne nach, Schrammelgitarren und Jammergesang zu produzieren. Das Geschrammel trifft auf Mudhoney definitiv zu, die ihren Punk-, Proto Metal- und New Wave-Mix auch im 30. Bandjahr in gewohnt (nach-)lässiger Manier präsentieren.
Von Jammern kann angesichts der anklagenden Lyrics jedoch keine Rede sein. Zielscheibe der Spitzen ist wie gewohnt das Land mit dem Star Spangled Banner. Da die Trump-Administration derzeit den Gipfel des Vorstellbaren darstellt, scheint die Band sich herausgefordert zu fühlen, ihren Unmut umso pointierter und fokussierter herauszuschreien. "Mein Sinn für Humor ist dunkel, und das sind dunkle Zeiten", sagt Mark Arm. "Ich nehme an, es wird immer dunkler." Mit diesem Zitat gibt der Sänger die Marschroute vor.
Der Albumtitel leitet sich von der Textzeile "You live on in digital garbage" aus dem Track "Kill Yourself Live" ab. Arm nölt in hysterischem Johnny Rotten-Stil und kippt seinen Zynismus über die digitale Welt in Kübeln aus. Textlich krakeelt er gegen die Zurschaustellung jeglicher Privatsphäre und treibt dies auf die Spitze, indem er verschiedene Selbstmordvarianten beschreibt, in der Hoffnung, dafür möglichst viele Likes zu bekommen.
Popkulturelle Bewandtnis zeigen Mudhoney mit der Abwandlung eines bekannten Joe Cocker-Songs in den Lyrics. "You can leave your hat on, you can blow your head off". So prägnant und witzig der Text auch formuliert ist, der Star des Songs schimpft sich die Orgel, die das Anfangsthema dermaßen verstolpert, dass es schon wieder als Kunst durchgeht. In eine ähnliche Kerbe schlägt die Mundharmonika, die unheilvoll das Ende allen Daseins einläutet ("Next Mass Extinction").
Herrlich klingt auch das schräg-komische Gitarren-Solo als Abschluss von "Prosperity Gospel", das um eine simple textliche Formel aufgebaut ist: "Get rich you win". "Please Mr. Gunman" referiert auf eine Massenschießerei in einer Kirche. Was kann es Besseres geben, als an einem heiligen Platz ins Jenseits befördert zu werden?
Die Grunge-Urväter sind 2018 alive wie lange nicht und zelebrieren ihren Unmut äußerst trocken und bissig. Im Vergleich zu ihren Stadtkollegen Alice In Chains zelebrieren Seattles Unfinest ihre Songs sicherlich simpler gestrickt, dafür mit einer textlichen Message versehen, die weit über den Tellerrand der Nabelschau auf "Rainier Fog" hinausgeht. Wer schon immer wissen wollte wer oder was ein "Neanderfuck" ist, dem sei der Genuss dieser Platte ans Herz gelegt.
1 Kommentar mit 16 Antworten
ich bin ja generell ein großer fan davon "proto" vor yngein beliebiges musikgenre zu hängen. zb Proto-Punk bzg der Mentors. Das suggiert gleich man habe ahnung und wisse worüber man redet. nicht, dass dieses wissen in wikipedia-zeiten noch yngeinen wert hätte...
allerdings funktioniert das nur, wenn es zu dem zeitpunkt, wo diese band besagte proto-musik gemacht hat, diesen stil noch nid (richtig) gab. Bei den Mentors, zu ihren Anfangstagen, gabs keine richtige Definition von "Punk". da allerdings zur gründungszeit von mudhoney sich der (heavy) Metal bereits manigfaltig ausgeprägt hat, können die ledier keinen "Proto-metal" machen. aber ist trotzdem kewl dies zu schreiben. das sehe ich ein. proto metal protometal proto-metal proto_metal
zu dem zeitpunkt, wo
zu dem zeitpunkt, wo
zu dem zeitpunkt, wo
zu dem zeitpunkt, wo
zu dem zeitpunkt, wo
zu dem zeitpunkt, wo
zu dem zeitpunkt, wo
zu dem zeitpunkt, wo
zu dem zeitpunkt, wo
Sry, habe mir gerade eingekotet.
♥
Dieser Kommentar wurde vor 6 Jahren durch den Autor entfernt.
Dieser Kommentar wurde vor 6 Jahren durch den Autor entfernt.
Das ja vollkommener Schwachsinn. Es reicht ja vollkommen, wenn die Band stilistish klingt wie eine Band, die vor dem Metal schon Metal gemacht hat, also wie eine Proto-Metal Band, damit die Genrebezeichnung zutreffend ist. Man k
nein. weil es aufgehört hat "proto" zu sein als das genre "offiziell" eine musikrichtung wurde und x andere bands angefangen haben den gleichen sound zu machen. jetzt ist es nur noch "metal"
es ist ein label, welches generell in der retrospektive vergeben wird und normalerweise einen sound beschreibt, den so vorher nicht wirklich gab
Ne, halte ich immernoch für Mumpitz. Nur weil es jetzt Post-Punk gibt, kann man ja immernoch Punk machen. Und man kann auch heutzutage noch 80s-Pop oder Musik im Stile von 80s Pop machen, wenn's denn entsprechend klingt.
Aber nun gut. So sehe ich das zumindest. Darfst das natürlich gerne anders sehen. Der Autor aber halt auch.
Mit Begrifflichkeiten hast dus auch nicht so oder?
Ist die Haut deiner Meinung nach ein Organ, Gleepi?
nin. weil sich post-punk (wenigstens teilweise) stilistisch vom punk unterscheidet. zb durch synthies/wave elemente und harmonischeren sound. aber bands, die diesen sound 197x gemacht haben, dürfen stolz "proto post-punks" sein
Sind dir solche Bands bekannt?
ehrlich gesagt nur joy divsion und alien sex fiend, die dieses genre dann ja auch mitbegründet haben. und vllt (early ) christian death. so mit bissl auge zu drücken
bauhaus?!
Naja, aber so wie ich das immer wahrgenommen habe, sind Proto-X und X ja selten stilistisch identisch, sondern beim Proto-X sind die Genrekonventionen von X noch nicht wirklich ausformuliert und noch mit Versatzstücken aus älteren Genres vermischt. Von daher finde ich schon, dass man das vllt auch als stilistisch eigen bezeichnen kann.
Sehe aber deinen Punkt. Bin mir immernoch nicht sicher, ob man das unbedingt so sehen muss, aber gut, passt. Füge ich mich hier einfach und halt ab jetzt die Schnauze.