laut.de-Kritik

Selten klang Traurigkeit schöner.

Review von

Munck//Johnson sind Camilla Munck und Moogie Johnson aus Dänemark. Mit ihrer neuen Platte "Count Your Blessings" sind sie in einer traurigen und dunklen Welt gestrandet, in der die Zeit stillzustehen scheint, das Licht nur ganz dezent durch die Vorhänge dringt und die Songs aussagekräftige Titel haben wie "Last Wish", "Slave Song" und "Flesh and Bone".

Man möchte ihnen zur Hilfe eilen, ihnen beistehen, beide in eine bunte Welt entführen und sie zum Lachen bringen. Für Fröhlichkeit und Gelassenheit ist auf der unheimlich traurigen Platte kein Platz. Mir kommen die Filme von Lars von Trier in den Sinn, der die Leidensfähigkeit seiner Protagonisten und damit auch die des Rezipienten immer wieder und immer heftiger auf die Probe stellt. Diese Dänen. Nichtsdestotrotz übt die minimalistische und entrückte Ästhetik dieser Musik eine ungewöhnliche Anziehungskraft aus und erinnert phasenweise an die Slowcore-Band Low.

Munck und Johnson nehmen sich alle Zeit, ihr verlorengegangenes Vertrauen in den neun Songs auszubreiten. Camilla Muncks scheue, eindringliche Stimme ist auf "Count Your Blessings" verwoben mit einfühlsamen Klavierpassagen, dunklen Soundpatterns oder sanft eingehüllt in Johnsons meist akustisches Gitarrenspiel. Thematisch setzen sie sich durchweg mit den Unzulänglichkeiten und Auflösungserscheinungen zwischenmenschlicher Beziehungen auseinander.

Der großartige Opener "Last Wish" gibt die melancholische Stimmung der nächsten gut vierzig Minuten vor. In die dezent geschlagene Akustikgitarre fügt sich ganz weich der zweistimmige Gesang des dänischen Duos ein; ganz unspektakulär, aber sehr ergreifend schleicht sich dieses Stück ins Herz. Wer "November" von der Saddle Creek-Band Azure Raymag, dem gefällt auch dieser Song. Nach dem schönen und einigermaßen beschwingten "Ellis Of Davenport", wird es mit "The Streets" wieder trübe. Camilla haucht den Text fast gebrochen zu dunklen, langen Keyboardtönen, wie die kleine Schwester von Beth Gibbons.

"This Time" klingt ähnlich schwermütig, zu den Soundcollagen gesellt sich nun eine eintönige E-Gitarre. In "Slave Song" genügt den beiden die langsam gezupfte Akustikgitarre und der zweistimmige Gesang, um das angeschlagene Gefühlsleben kundzutun. Wie auch sonst soll man Textzeilen wie "We killed life/ faith disappears" vortragen? Dann plötzlich ein Song mit klassischer Struktur, mit kräftig geschlagener Gitarre und einer festen Stimme mutet "Flesh And Bone" beinahe poppig an.

Munck//Johnson nehmen aber in den nächsten Songs das Tempo wieder raus und machen deutlich worauf es ihnen ankommt: auf Authentizität, eine Unmittelbarkeit des musikalischen Vortrags und eine spürbare Intensität, die den Hörer gefangen nimmt, wenn ihm melancholische Stimmungen nicht fremd sind. In "Be Kind" endet das Album folgerichtig ganz leise mit einer sehr zurückgenommenen Klavieruntermalung. "Your head has turned/and soon you long to go/you trust no-one/and that's all that shows/ I am here, be kind" flüstert Camilla fast unhörbar und deutet damit vage ihren Wunsch an, dass alles gut werden möge, vorübergehend wenigstens.

Beim Anhören von "Count Your Blessings" begleitet man das Duo auf eine traurige Reise in eine Gefühlswelt, in der Verlust und das Verletztwerden dominieren. Präsentiert wir dieser Sadcore auf eine schmerzhaft ehrliche Art, die Wunden aufzureißen vermag. Das macht dieses fragile Album zu einem hörenswerten melancholischen und intimen Erlebnis. Nur selten klang Traurigkeit schöner.

Trackliste

  1. 1. Last Wish
  2. 2. Ellis Of Davenport
  3. 3. The Streets
  4. 4. This Time
  5. 5. Slavesong
  6. 6. Flesh And Bone
  7. 7. Sweet And Lowdown
  8. 8. Oh, My Love
  9. 9. Be Kind

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